Metadaten

Meister, Karl; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1924/25, 3. Abhandlung): Die Hausschwelle in Sprache und Religion der Römer — Heidelberg, 1925

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.38945#0031
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die Hausschwelle.

31

während sonst in der Ciceroüberlieferung wie überall in der späteren
Zeit die Form suUim(en) sich durchgesetzt hat. Wenn wir sie auch
in unsern Plautushandschriften ausnahmslos1 lesen, so dürfen wir
annehmen, daß hier wie in der Schreibung der Diphthonge, der
Endsilben und sonst das alte orthographische Kleid modernisiert
worden ist. Die weitere Verwandlung von suplimen ist durch
eine besondere Art analogischer Beeinflussung hervorgerufen worden,
die aus dem späteren Latein wohl bekannt ist, weil man sie zur
Erklärung romanischer Wörter wie altit. ritonclo in Anspruch ge-
nommen hat. Man nennt sie Präfixvertauschung oder, zutreffender,
Präfixeinmischung2. Wie bedeutungsleere und in der Form isolierte
Wortausgänge vielfach durch geläufige Suffixe ersetzt worden sind,
so haben sich unter gleichen Umständen au die Stelle von Wort-
eingängen geläufige Präfixe gesetzt. Die Glossensammlungen3, die
Inschriften4, die Appendix Prob.5, die medizinischen Traktate liefern
eine solche Fülle von Belegen, daß man sich wundert, warum
jetzt die romanische Grammatik sich dieser Erklärungshypothese
so wenig bedient. Es darf angenommen werden, daß in allen
Sprachen und Sprachperioden, in denen bestimmte Präfixe (be-
sonders solche, die die Bedeutung des Wortes wenig verändern)
üblich sind, ähnliche Assimilationen des Worteingangs aufgetreten
sind, z. B. im Griechischen6 oder im Altlateinischen, wo man ihnen
noch wenig Aufmerksamkeit geschenkt hat: Ich notiere außer dem
bekannten prologus (Terenz) und Obscum Fest. p. 189 Μ. (Όττικοί)
das etymologisch bisher verkannte excetra, das Ungeheuer, mit dem
1 Freilich stehen uns für sublimen nur die Palatini und Genossen, niemals
der Ambrosianus zur Verfügung.
2 Schuchahdt, Vokalismus d. Vulgärlateins III, 346. — Zauner, Rom. Forsch.
14, 1903, 497. — Meyer-Lübke, Einführung i. d. Studium d. rom. Sprachwissen-
schaft (Hdbg. 19203), erklärt it. ritondo durch Dissimilation.
3 absida cibsinthium absyctos aberruncat exormis (wohl nach inormis für
enormis) extinspex, Inlyricos sinus, obsonciri.
4 Diehl, Vulgärl. Inschr. 415 obtimo, 1002 obtabilem fuit; Diehl, Lat. alt-
christl. Inschr. 324 abstutus (— astutus), sublecetavet (= sollicitavit)·, Diehl, Inscr.
Christ, veteres (Berlin 1924)-226 ignucus (für eunuchus); Dessau, Inscr. Lat. sei.
2650 cidstatus (für hastatus).
6 umbilicus non imbilicus, opobalsamum non abcibalsamum, suppellex non
superlex, dysentericus non disintericus, effeminatus non imfimenatus, dimidius
non demidius; dazu W. A. Baehrens, Sprachl. Kommentar z. Vulgärlat. App.
Probi (Halle 1922).
6 έκδούπησε (für έγδούττησε) in der Homerüberlieferung, Έκβάτανα (pers.
hagmatäna-) Wackernagel, Herrn. 58, 1923, 464).
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften