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Meister, Karl; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1924/25, 3. Abhandlung): Die Hausschwelle in Sprache und Religion der Römer — Heidelberg, 1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.38945#0038
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38

Karl Meister:

dem angegebenen Sinn verändert und dabei für alle Zeiten fest-
gehalten hat. Sie läßt sich sicher erkennen1.
Ennius zeigt, wie in jeder Hinsicht, so auch in seinem Wort-
schatz, daß er vom griechischen Geist umweht ist. Zwar griechische
Fremdwörter hat er, wie alle lateinischen Schriftsteller höheren
Stils, nur in beschränktem Umfang aufgenommen, aber er hat in
zahlreichen Fällen lateinischen Wörtern gewissermaßen eine grie-
chische Seele gegeben, indem er ihnen den Sinn griechischer
Wörter verlieh, in deren Bedeutungskreis sie teilweise hineinfielen.
So hat er lateinische Wörter zu 'Ubersetzungslehu Wörtern5 oder
'Bedeutungslehnwörtern5 gemacht2, nicht als erster (denn wir
finden diese auch schon bei Livius Andronicus und Naevius3 *), aber
als Tonangebender, nach dem sich die Dichtkunst in Rom lange
Zeit gerichtet hat. In vielen Fällen gaben jene Bedeutungslehn-
wörter der Sprache Mannigfaltigkeit und Erhabenheit, in manchen
fügten sie sich da dem Vers, wo das geläufige Wort widerstrebte,
oft war ein solches Wort auch das Gefäß, in das sich Gedanken
und Begriffe fassen ließen, für die die Griechen, nicht aber die
Römer einen sprachlichen Ausdruck hatten. Gerade der Bedeu-
tungskreis 'Flimmer, in den das ennianische sublime(n) und seine
Absenker hineinfällt, ist geeignet, jenen Prozeß, der die Bildung
der lateinischen Dichtersprache wesentlich mitbestimmt hat, zu
veranschaulichen.
Die Römer der vorliterarischen Zeit können nach Ausweis ihres
Wortschatzes und ihrer Religion für die überirdischen Dinge nicht viel
Interesse gehabt haben. Jener Vers aus der ennianischen Iphigenie
quod est ante pedes, nemo spectat: caeli scrutantur plagas
1 Man darf vermuten, daß das Sprachmaterial, das etwa gleichzeitig von
verschiedenen Autoren aus der Volkssprache in die Schriftsprache eingeführt wird,
zunächst in verschiedenen Gestalten und Bedeutungen erscheint, bis sich ein
bestimmter Typus herausbildet. Die Wortgeschichte von necessus necessis necesse
bietet in formaler Hinsicht zu der von sublimis eine Parallele, die von natura
(dessen klassische Bedeutung durch φύσις bestimmt ist), eUmentum (στοιχεία;
Diels, Elementum, Lpz. 1899; Rogge, Z. vgl. Spr. 51, 1923, 154), humanus (Reitzen-
stein, Werden u. Wesen d. Humanität i. Altertum, Straßburg 1907) in semasio-
logischer.
2 Ernst Steiner, Das Bedeutungslehnwort in Vergils Aenel's, Diss. Königs-
berg 1921; Witte, Ph. W. 1922, 801.
3 Liv. Andr. TRF 30 florem . .. Liberi (άνθος 'das Beste5 seit Pind.), Naev.
bell. Pun. (Cichorius, Röm. Studien 24 ff.) 9 ratis 'Schiff5 (σχεδίη), 10 pectora,
17 flamma Volcani.
 
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