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Künßberg, Eberhard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1926/27, 1. Abhandlung): Rechtssprachgeographie — Heidelberg, 1926

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https://doi.org/10.11588/diglit.38921#0013
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Rechtssprachgeographie.

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Im Rheinland8, das sprachgeographisch bisher wohl am gründ-
lichsten untersucht ist, aber auch anderwärts, bieten die heutigen
Dialektlinien ein Bild der abgeschlossenen mittelalterlichen Terri-
torialeinteilung, wie sie sich bis zur französischen Revolution, also
durch etwa 300 Jahre gehalten hat. Manchmal darf man in den
Schlußfolgerungen bis ins 13. Jahrhundert zurückgehen; es ist
schon eine Ausnahme, wenn man bis auf das Ende des 10. Jahr-
hunderts schließen kann9. Die Stärke der Dialektlinien ist bedingt
durch das Alter und die Art der geschichtlichen Grenze. Je älter
die Grenze, je früher sie also eine Sprachspaltung veranlaßt oder
unterstützt hat, desto deutlicher zeigt sie sich in den Dialekt-
linien10. Die Sprachgrenze gräbt sich um so tiefer ein, je stärker
die politische Grenze ist. So hat sich bei der dialektgeographischen
Untersuchung der südlichen Oberlausitz und Nordböhmens die
Reichsgrenze zwischen dem Deutschen Reich und Österreich als
die stärkste Dialektlinie herausgestellt* 11.
Neuse, Studien zur niederrheinischen Dialektgeographie in den Kreisen Rees,
Dinslaken, Hamborn, Mülheim, Duisburg, 1915 (D. Dial. G. 8), S. 179. —
An der Hand von Belegen für 'Schöffe, Urteilsprecher, Richter, Zent, Zent-
graf, Vogt, Gerhab, Hunno’ suchte Thudichum auf die „Rechtssprache als
Hilfe zur Ermittelung der alten Grenzen der deutschen Stämme“ aufmerksam
zu machen. (Im Anhang zu seinem Buche 'Die Stadtrechte von Tübingen’,
Tübinger Studien für schwäbische und deutsche Rechtsgeschichte I [1906],
57ff.) Vgl. Babucke, Über Sprach- und Gaugrenzen zwischen Elbe und Weser
(Niedere!. Jahrb. 7 [1881], )71 ff. Die Arbeit von Kück, 'Die Zelle der deut-
schen Mundart’, unterelbische Studien zur Entstehung und Entwicklung der
Mundart 1924, sieht in der Markgenossenschaft mit der Waldgenieinschaft
und dem Holzgericht die Zelle der Mundart.
8 Frings, Rheinische Sprachgeschichte (Gesch. des Rheinlands II), 252f.
9 Frings, Studien zur Dialektgeographie des Niederrheins zwischen
Düsseldorf und Aachen, 1913 (D. Dial. G. 5), 195. — Wix, Studien zur west-
fälischen Dialektgeographie im Süden des Teutoburger Waldes, 1921 (D. Dial.
G. 9), 179.
10 F. Wrede, Arch. f. d. Stud. d. neueren Sprachen III, 45 (die Bezirks-
grenze zwischen Ober- und Unterelsaß war die Fortführung der alten Gau-
grenze zwischen Sundgau und Nordgau seit dem 9. Jhd.). — IIommer, Studien
zur Dialektgeographie des Westerwalds, 1915 (D. Dial. G. 4), 63.
11 F. Wenzel, Studien zur Dialektgeographie der südlichen Oberlausitz
und Nordböhmens, 1919 (D. Dial. G. 6), S. 60. Wenn dieses Stück Reichs-
grenze auch erst seit 1635 eine einheitliche politische Grenze bildet, so waren
die einzelnen Abschnitte doch vorher schon Herrschaftsgrenzen. Wenzel
ebda. 65. — Die Schweizer Grenze bildet sowohl im deutschen Sprachgebiet
wie im französischen Dialektlinien. Gauchat, Archiv f. d. Studium der
neueren Sprachen 111 (1903), 392.
 
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