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Künßberg, Eberhard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1926/27, 1. Abhandlung): Rechtssprachgeographie — Heidelberg, 1926

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https://doi.org/10.11588/diglit.38921#0018
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10

Frh. v. Künssberg:

§ 3.
ßechtssprachkarten.
Heute, wo der Sprachatlas24 auf ein halbes Hundert Arbeits-
jahre zurückblicken kann, und wo andererseits das deutsche Rechts-
wörterbuch nach 30jähriger Vorbereitung an das Licht drängt, liegt
es nahe, sich zu fragen, ob nicht auch die Rechtswörter selbst wort-
geographisch zu untersuchen seien, gerade weil sie Rechtswörter
sind. Es erhebt sich die Frage: sollen Rechtssprache und Wort-
geographie nicht besondere Fühlung miteinander nehmen, vor
allem, um die Gültigkeit des zu Reginn unserer Arbeit erwähnten
Satzes nachzuprüfen, zu bestätigen oder zu berichtigen ? Dann
aber auch, um rechtsgeschichtliche und rechtssprachliche Probleme
auf diesem Wege anzupacken.
Die Frage aufwerfen heißt sie bejahen. Denn die überragende
Bedeutung der Rechtssprache innerhalb der Sprachgeschichte, die
Wichtigkeit des Rechtsverkehrs für die Sprachentwicklung gebieten
es. Gerade die Einheit der Rechtssprache innerhalb eines bestimm-
ten Gebietes drückt ja die rechtliche Zusammengehörigkeit beson-
ders anschaulich aus. Auf der anderen Seite aber sind Forschungen
darüber notwendig, inwieweit bei der Bildung der politischen und
kirchlichen Grenzen, der Rechtsgrenzen, etwa die schon vorhan-
denen Sprachgrenzen mitbestimmend waren. Mit andern Worten:
Es muß an möglichst vielen Stellen klargestellt werden, ob und wo
die Sprachgrenze älter ist als die Rechtsgrenze, damit man sich
mit dem Satze „Sprachgrenzen folgen den Rechtsgrenzen“ nicht
etwa im Einzelfall einem fehlerhaften Zirkelschlüsse hingibt.
Von zwei Seiten läßt sich das Problem Rechtssprache und
Mundart in Angriff nehmen. Einmal so, daß in Hinkunft bei Auf-
stellung-von dialektgeographischen Fragebogen typische Wörter
der Rechtssprache oder gewisse Rechtssätze aufgenommen werden.
Es besteht die wohlbegründete Hoffnung, daß dies geschehen wird,
wenn auch die Schwierigkeiten sachlicher und sprachlicher Art
keine geringen sind.
24 Ich benutze die Gelegenheit, für die reiche Anregung, Beratung und
Unterstützung zu danken, die ich in Marburg durch die Herren Prof. Fer-
dinand Wrede, Prof. Kurt Wagner und Bibliotheksrat Bernhard Martin
erfahren habe. Als ich am 1. April 1926 im Zusammenhang mit der Fünfzig-
jahrfeier des Sprachatlas dort in einem ldeinen Kreise die ersten Versuche
von Rechtssprachkarten zeigte, war mir überdies der Rat von Prof. Theodor
Frings sehr wertvoll.
 
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