Metadaten

Künßberg, Eberhard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1926/27, 1. Abhandlung): Rechtssprachgeographie — Heidelberg, 1926

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.38921#0049
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Rechtssprachgeographie.

41

e) Träger (Deckblatt 13).
Dieses Wort spielte im Lehnrecht eine große Rolle. In der
Bedeutung 'Vormund’ ist es nur spärlich verbreitet. Die Belege
verteilen sich über Schwaben und Bayern, bis nach Steiermark.
f) Pfleger (Deckblatt 14).
Pfleger (= Vormund) ist in seinen frühesten Belegen schwei-
zerisch. Es scheint ein Übersetzungslehnwort von curator zu sein.
Die sehr verstreuten und wenig zahlreichen Belege lassen keine
faßbaren Schlußfolgerungen aufkommen. Der Witzenhäuser Beleg
stammt aus der dortigen Schwabenspiegelhandschrift.
Es empfiehlt sich, die Deckblätter 10—14 zum Vergleiche
abwechselnd aufeinander zu legen. Dabei stellt sich heraus, daß
die Wörter gerhab und momber einander gar nicht stören in der
Verbreitung. Vormund siegt zwar beinahe überall über die Syno-
nymen, aber vor allem ist dieses Wort doch da geläufig, wo keines
der andern konkurrierenden Wörter gerhab, momber, vogt, träger,
pfleger üblich ist.
Es ist bezeichnend, daß der Schwabenspiegel (Rockinger 54,
Lassberg 59) es für nötig findet, eine Reihe gleichbedeutender
Wörter aufzuzählen:
der kinde unde der vrowen phleger heizzent etwa pinleger, etwa
sicherboten, etwa vogte, etwa vormunt, etwa behalter.
Er weiß also nur die mundartlichen Abweichungen und nimmt
Bedacht auf sie. Doch kann sicherbote (im Deutschenspiegel sicherer)
kaum ein technischer Ausdruck gewesen sein. Im Sinne von 'Vor-
mund’ kommt es nur an Stellen vor, die vom Schwabenspiegel
augenscheinlich beeinflußt sind und stets in dieser ganzen Syno-
nymenreihe. Das gleiche gilt von behalter.
Auch in andern Rechtsquellen und Urkunden ist es durchaus
nichts Ungewöhnliches, daß Vormund und Gerhabe, Vormund und
Verweser, Vormund und Träger, Vormund und Vogt, Vormund
und Pfleger, Pfleger und Momber usf. nebeneinander stehen117. Das
116 Eine althochdeutsche Glosse (Ahd. Gl. IY, 164) übersetzt tutor mit
foget. 117 So selbst noch im Codex Theresianus 1766,wo unter „Vormundschaft“
näher unterschieden werden: 1. Vormünder oder Gerhaben, auch Pflegvater,
Pflegvögte und Treuhalter für minderjährige Personen, 2. Obsorger oder Cura-
tores für solche die unfähig oder verhindert sind, ihren Sachen selbst vorzustehen.
Vgl. vox Drasenovich, Gesetzessprache (Zeitschr. f. Notariat in Österr. [1911],
Nr. 22, S. 175).
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften