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Künßberg, Eberhard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1926/27, 1. Abhandlung): Rechtssprachgeographie — Heidelberg, 1926

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https://doi.org/10.11588/diglit.38921#0050
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42

Frh. v. Künssberg:

ist wohl nicht nur eine gewöhnliche Paarformel, sondern ist gewiß
auch gestützt durch das Nebeneinander von tutor und curator in
römischen Rechtsquellen. Manchmal ist dies ganz offensichtlich.
In der Nürnberger Reformation von 1503 z. B. (II 4): von Vor-
mündern oder versorgern, zu latein tutor es oder curator es. In einer
etwas älteren lübischen Quelle steht vormundere edder bysorgers.
Eine begriffliche Verschiedenheit, wie im römischen Recht, hat
keineswegs überall bestanden118. Sagt doch der Schwabenspiegel
an der oben angeführten Stelle
in der scrift, so sint si gesundert an ir rehte. aber vor laienrechte
so habe wir einz als daz ander.
Aber die Fülle von Synonymen verlockte zu etymologischen
Wortspielereien: Cum autem tutores frequenter officio suo non satis-
faciant, et sibi magis, quam pupillis prosint, inde aliqui tutores quasi
tollitores a tollendo, gerhaber, quasi gernhaber, Vormund, quasi vorm
mund, scilicet den pupillen das brot weg derivant119.

IV. Synonymenkarte und Reclitsbrauchkarte.
Steintragen. (Deckblatt 15.)
Diese Karte erläutert sich eigentlich selbst120. Am größten ist
das Gebiet, wo der Strafstein einfach '■stein' genannt wird. Mancher-
lei Ansätze zu einer näheren technischen Bezeichnung des Straf-
werkzeuges werden gemacht121, doch kommen nur drei Ausdrücke
zu größerer Geltung: schandstein im Nordwesten (dazu tritt Riga
mit Belegen aus dem 16. und 17. Jhd.), lasterstein im Südwesten
118 Vgl. oben S. 39.
119 1696 Schambogen, Praelectiones I, 141 u. a.
120 Die Belege dazu sind meist meiner älteren Arbeit: Über die Strafe
des Steintragens (1907) entnommen. Vgl. auch Jahrb. f. histor. Volkskunde 1
(1925), 102 ff., wo einige Bilder gebracht sind. Merk sagt in seiner oben (Anm. 54)
genannten Schrift S. 96: „Vielleicht kommt einmal die Zeit, wo es einer Einzel-
schritt über eine Rechtseinrichtung als Mangel angerechnet wird, wenn sie
auf dieses Anschauungsmittel gänzlich verzichtet.“ Indem ich mich dieser
Meinung durchaus anschließe, hole ich das Versäumnis zunächst einmal für
jene Jugendarbeit nach.
121 Zu den in unserer Karte eingetragenen Namen ließen sich noch hinzu-
fügen kirchenstein (in Siebenbürgen), bukkestein (Siebenbürg. W.-B. I, 811,
wohl zu pukstein im Ofner Stadtrecht und damit zu der Gruppe bagstein zu
rechnen). Ferner flasche schornobbe (vgl. darüber Jahrb. f. histor. Volksk. 1,
104), haderstein (in einem unsicheren BoDMANNSchen Beleg aus Mainz).
 
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