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Eugen Täubler:
Wir müssen noch tertia hinzunehmen. Die Möglichkeit, daß
Ovicl auf die Grundbedeutung von tribus zurückging, ist sehr ver-
lockend, aber nicht anzunehmen, weil wir nicht voraussetzen
können, daß ihm der Zusammenhang von pars und tribus bekannt
war. Tertia ist ein Zusatz, den Ovid nach seiner Kenntnis der Ver-
hältnisse gemacht hat.
Wir stehen vor demselben Fall wie bei Peltuinum und dem
Vestinerlande. Auch das Paelignerland ist nach dem Sozialkrieg
in drei Munizipien mit ihren Territorien aufgeteilt; auch hier
können wir von einem Beispiel schließen, daß dieser neuen Ordnung
die alte Organisation in Tribus, in denen es im rechtlichen Sinn eine
Stadt nicht geben kann, zugrunde lag1.
Anders zu beurteilen ist die tota- Marouca-2, d.h. die Gemeinde,
zu der der ganze Stamm der Marruciner zusammengeschlossen war.
Dürften wir die iguvinische Gleichung tota- = trifu- auf die Mar-
ruciner übertragen, so würde der ganze Stamm nur eine Tribus
gebildet haben. Um die Erscheinung zu verstehen, muß man von
der Verwandtschaft der Namen Marser und Marruciner ausgehen.
Cato, orig. fr. 18 Jordan: Marrucini ... de Marso detorsum nomen3.
Ist das richtig, so gilt dasselbe vom Stamm wie vom Namen, d. h.
die Marruciner wären ein von den Marsern abgelöster Teil. Daß
dieser Teil aber ursprünglich eine Tribus der Marser war, ist damit
nicht gesagt. Ebensowenig dürfen wir aber auf Grund der tota für
die Marruciner den Begriff der Tribus voraussetzen. Die ursprüng-
lichen Verhältnisse können bei den einzelnen Völkern eine ver-
schiedene Entwicklung genommen haben. Wir können uns nur
daran halten, daß der abgelöste Teil sich, auf sich selbst gestellt,
als eine eigene Gemeinde konstituiert hat.
Ich lege hier noch, bevor ich die Verschiedenheiten der Ent-
wicklung bei Umbrern und Paelignern-Vestinern zu erklären ver-
suche, eine Bemerkung ein, die sich auf das Verhältnis der Curien
1 Wie im Yestinerland standen auch im paelignischen in den Tribus
neben den drei Mittelpunkten andere vici und pagi, von denen bekannt sind :
der pagus Interprominus (C. IX 3046, Dessau 5609), der pagus Fabianus auf
dem Territorium von Sulmo (Plin. n. h. XVII 250), ebenso der pagus oder
vicus Betifulus (C. IX 3088), wohl ebenfalls zu Sulmo gehörig, der pagus
Lavernae (C. IX 3138, vgl. 3137), und pagi auf dem Territorium von Cor-
finium (IX 3173).
2 Fabretti, C. I. Ital. 2741; v. Planta, Gramm, d. osk. u. umbr.
Dialekte II S. 548; Conway, Ital. dial. I p. 253.
3 Vgl. Nissen, a. a. 0. I S. 518.
Eugen Täubler:
Wir müssen noch tertia hinzunehmen. Die Möglichkeit, daß
Ovicl auf die Grundbedeutung von tribus zurückging, ist sehr ver-
lockend, aber nicht anzunehmen, weil wir nicht voraussetzen
können, daß ihm der Zusammenhang von pars und tribus bekannt
war. Tertia ist ein Zusatz, den Ovid nach seiner Kenntnis der Ver-
hältnisse gemacht hat.
Wir stehen vor demselben Fall wie bei Peltuinum und dem
Vestinerlande. Auch das Paelignerland ist nach dem Sozialkrieg
in drei Munizipien mit ihren Territorien aufgeteilt; auch hier
können wir von einem Beispiel schließen, daß dieser neuen Ordnung
die alte Organisation in Tribus, in denen es im rechtlichen Sinn eine
Stadt nicht geben kann, zugrunde lag1.
Anders zu beurteilen ist die tota- Marouca-2, d.h. die Gemeinde,
zu der der ganze Stamm der Marruciner zusammengeschlossen war.
Dürften wir die iguvinische Gleichung tota- = trifu- auf die Mar-
ruciner übertragen, so würde der ganze Stamm nur eine Tribus
gebildet haben. Um die Erscheinung zu verstehen, muß man von
der Verwandtschaft der Namen Marser und Marruciner ausgehen.
Cato, orig. fr. 18 Jordan: Marrucini ... de Marso detorsum nomen3.
Ist das richtig, so gilt dasselbe vom Stamm wie vom Namen, d. h.
die Marruciner wären ein von den Marsern abgelöster Teil. Daß
dieser Teil aber ursprünglich eine Tribus der Marser war, ist damit
nicht gesagt. Ebensowenig dürfen wir aber auf Grund der tota für
die Marruciner den Begriff der Tribus voraussetzen. Die ursprüng-
lichen Verhältnisse können bei den einzelnen Völkern eine ver-
schiedene Entwicklung genommen haben. Wir können uns nur
daran halten, daß der abgelöste Teil sich, auf sich selbst gestellt,
als eine eigene Gemeinde konstituiert hat.
Ich lege hier noch, bevor ich die Verschiedenheiten der Ent-
wicklung bei Umbrern und Paelignern-Vestinern zu erklären ver-
suche, eine Bemerkung ein, die sich auf das Verhältnis der Curien
1 Wie im Yestinerland standen auch im paelignischen in den Tribus
neben den drei Mittelpunkten andere vici und pagi, von denen bekannt sind :
der pagus Interprominus (C. IX 3046, Dessau 5609), der pagus Fabianus auf
dem Territorium von Sulmo (Plin. n. h. XVII 250), ebenso der pagus oder
vicus Betifulus (C. IX 3088), wohl ebenfalls zu Sulmo gehörig, der pagus
Lavernae (C. IX 3138, vgl. 3137), und pagi auf dem Territorium von Cor-
finium (IX 3173).
2 Fabretti, C. I. Ital. 2741; v. Planta, Gramm, d. osk. u. umbr.
Dialekte II S. 548; Conway, Ital. dial. I p. 253.
3 Vgl. Nissen, a. a. 0. I S. 518.