Die umbrisch-sabellischen und die römischen Tribus. 11
stamm suchen dürfen. Die Sabeller waren in eine Anzahl von Stäm-
men auseinandergetreten, von denen, abgesehen von den Sabinern,
keiner so groß war, daß nicht die alte Gliederung in drei Tribus
innerhalb des Stammes hätte durchgeführt und aufrecht erhalten
werden können. Über die Einheit der Tribus im Stamm hinaus
hielt der eine Teil der Stämme nur gefühlsmäßig, der andere föde-
rativ zusammen1. Die Umbrer hatten sich über einen viel größeren
Bereich verteilt, nicht nur über das später nach ihnen benannte
Land, sondern auch noch über große Teile Oberitaliens und Etru-
riens, wo sie sich später nur in kleinen Teilen unvermischt neben
Kelten und Etruskern erhielten2. Dennoch hatten sie sich nicht in
getrennte Stämme aufgelöst. Auch bei den Kämpfen, die sie mit
Kelten und Etruskern bestanden, wird immer nur von Umbrern
schlechtweg gesprochen. Selbst im späteren Umbrerland wäre die
politische Gliederung in drei Gemeinden wegen des zu großen Um-
fangs der Teile unmöglich gewesen. Das Korrelat dessen, daß der
Stamm sich über einen so großen Bereich verteilte und doch eine
Einheit blieb, war die Auflockerung in eine große Zahl von Tribus-
gemeinden. Diese Entwicklung wird man sich am besten im Zu-
sammenhang mit der Einwanderung und Ansiedelung erfolgt denken.
Die tiefen Einschnitte, die zwischen früherer Ansässigkeit, Wande-
rung und neuer Ansiedelung, vielleicht wiederholt versuchter, durch
den Zwang des Weiterwanderns immer wieder unterbrochener An-
siedelung liegen, können am ehesten erklären, wie der Stamm dazu
kam, das ursprüngliche Tribusprinzip der Breiträumigkeit des Lan-
des so anzupassen, daß an die Stelle der Dreiheit die beliebige
Vielheit innerhalb der Stammeseinheit trat3.
1 Der gefühlsmäßige Zusammenhang tritt besonders deutlich bei Be-
ginn des großen Samniterkriegs heraus: den Samniten schließen sich zunächst
nur die Vestiner an (Liv. VIII 29, 1), man befürchtet in Rom, daß ein Angriff
auf die Vestiner sofort auch die Marser, Paeligner und Marruciner unter die
Waffen bringen werde (§ 4). Diese vier Völker sind nicht wie die samnitisch
genannten rechtlich, sondern nur gefühlsmäßig verbunden.
2 Die literarischen Nachrichten bei Nissen, a. a. O. I S. 505f.; Pais,
Stör. crit. I S. 59ff.
3 Plin. n. h. III 112: trecenta eorum (Umbrorum) oppidaTusci debellasse
reperiuntur. Man kann wohl nur an vici und castella denken, ähnlich den vier-
hundert vici der Helvetier, die ihren zwölf oppida untergeordnet waren (Gaes.
b.G. I 5,2). Dagegen würden die 112 tribus der den Umbrern benachbarten
Boier (Cato bei Plin. n.h. III116) denen der Umbrer nahe stehen, wenn es sich
wirklich um Tribusgemeinden handelt, was durch die 195 populi der Galater
(Plin. V 146) allerdings gestützt wird.
Sitzungsberichte d. I-Ieidelb. Akad., phil.-hist. Kl. 1929/30. 4. Aldi.
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stamm suchen dürfen. Die Sabeller waren in eine Anzahl von Stäm-
men auseinandergetreten, von denen, abgesehen von den Sabinern,
keiner so groß war, daß nicht die alte Gliederung in drei Tribus
innerhalb des Stammes hätte durchgeführt und aufrecht erhalten
werden können. Über die Einheit der Tribus im Stamm hinaus
hielt der eine Teil der Stämme nur gefühlsmäßig, der andere föde-
rativ zusammen1. Die Umbrer hatten sich über einen viel größeren
Bereich verteilt, nicht nur über das später nach ihnen benannte
Land, sondern auch noch über große Teile Oberitaliens und Etru-
riens, wo sie sich später nur in kleinen Teilen unvermischt neben
Kelten und Etruskern erhielten2. Dennoch hatten sie sich nicht in
getrennte Stämme aufgelöst. Auch bei den Kämpfen, die sie mit
Kelten und Etruskern bestanden, wird immer nur von Umbrern
schlechtweg gesprochen. Selbst im späteren Umbrerland wäre die
politische Gliederung in drei Gemeinden wegen des zu großen Um-
fangs der Teile unmöglich gewesen. Das Korrelat dessen, daß der
Stamm sich über einen so großen Bereich verteilte und doch eine
Einheit blieb, war die Auflockerung in eine große Zahl von Tribus-
gemeinden. Diese Entwicklung wird man sich am besten im Zu-
sammenhang mit der Einwanderung und Ansiedelung erfolgt denken.
Die tiefen Einschnitte, die zwischen früherer Ansässigkeit, Wande-
rung und neuer Ansiedelung, vielleicht wiederholt versuchter, durch
den Zwang des Weiterwanderns immer wieder unterbrochener An-
siedelung liegen, können am ehesten erklären, wie der Stamm dazu
kam, das ursprüngliche Tribusprinzip der Breiträumigkeit des Lan-
des so anzupassen, daß an die Stelle der Dreiheit die beliebige
Vielheit innerhalb der Stammeseinheit trat3.
1 Der gefühlsmäßige Zusammenhang tritt besonders deutlich bei Be-
ginn des großen Samniterkriegs heraus: den Samniten schließen sich zunächst
nur die Vestiner an (Liv. VIII 29, 1), man befürchtet in Rom, daß ein Angriff
auf die Vestiner sofort auch die Marser, Paeligner und Marruciner unter die
Waffen bringen werde (§ 4). Diese vier Völker sind nicht wie die samnitisch
genannten rechtlich, sondern nur gefühlsmäßig verbunden.
2 Die literarischen Nachrichten bei Nissen, a. a. O. I S. 505f.; Pais,
Stör. crit. I S. 59ff.
3 Plin. n. h. III 112: trecenta eorum (Umbrorum) oppidaTusci debellasse
reperiuntur. Man kann wohl nur an vici und castella denken, ähnlich den vier-
hundert vici der Helvetier, die ihren zwölf oppida untergeordnet waren (Gaes.
b.G. I 5,2). Dagegen würden die 112 tribus der den Umbrern benachbarten
Boier (Cato bei Plin. n.h. III116) denen der Umbrer nahe stehen, wenn es sich
wirklich um Tribusgemeinden handelt, was durch die 195 populi der Galater
(Plin. V 146) allerdings gestützt wird.
Sitzungsberichte d. I-Ieidelb. Akad., phil.-hist. Kl. 1929/30. 4. Aldi.
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