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Täubler, Eugen; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1929/30, 4. Abhandlung): Die Umbrisch-sabellischen und die roemischen Tribus — Heidelberg, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.39957#0018
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18

Eugen TAubler!
Ist den enger verwandten Umbrern und Sabellern über die
durch jüngere Entwicklung erklärbare Verschiedenheit der Zahl hin-
weg gemeinsam geblieben, daß die Tribus ein Teil des Stammes
und eine eigene Gemeinde ist, so liegt in Rom die grundsätzliche
Verschiedenheit vor, daß die Tribus hier ein anderes Wesen hat.
Das Wort könnte allerdings hei dem politisch unselbständigen
Gemeindedrittel ebenso ursprünglich sein wie bei dem politisch
selbständigen Stammdrittel. Wir müssen darum zunächst zwei
Möglichkeiten offenhalten: 1. ob auch die römischen Stadttribus
auf Stammtribus zurückgehen, ob der Zweig der Italiker, dem die
Römer angehören, einmal als Stamm eine in drei Tribus gegliederte
politische Einheit war, bevor er in selbständige Gemeinden aus-
einandertrat; ob damals das Prinzip der Drittelung vom Stamm
auf die palatinische Gemeinde übertragen wurde in der Art, daß
die Drittel nun nicht mehr selbständige Gemeinden sein konnten;
2. oder ob den Latinern im Gegensatz zu den Umbro-Sabellern die
Stammtribus niemals bekannt war und erst nach Ausbildung der
politisch selbständigen Stadtgemeinde ihre lokal-gentilizische Drei-
teilung ohne jeden Zusammenhang mit älterer Stammgliederung
ersonnen und das Drittel auch hier Tribus genannt worden ist. Es
wird allgemeines Empfinden sein, daß es nicht leicht ist, die Ana-
logie der Tribus im Stamm und in der Stadt für etwas vom Zufall
Gegebenes zu halten. Im umgekehrten Verhältnis wird man es
nicht leicht für wahrscheinlich halten, daß Stammtribus, die bei
den Umbro-Sabellern vorhanden waren, den „latinischen“ Italikern
fehlten, sondern man wird eher geneigt sein, anzunehmen, daß vor
der Einwanderung nach Italien Gleichheit vorhanden gewesen ist.
Es kommt weiter hinzu, daß die Dreiteilung im Stamm als Not-
wendigkeit einer frühen Staatsgliederung überzeugender ist als die
Dreigliederung innerhalb der kleinen palatinischen Stadt: im
Stamm wird sie von dem weiten Raum verlangt und dient poli-
tischen Funktionen, in der Stadt wäre die Tribus nur ein hier ent-
behrlicher Oberbegriff der Curien. Mit den Mitteln, die der italische
Roden bietet, kommen wir nicht weiter, als auf diese Weise die
primäre Entstehung der römischen Tribus für weniger wahrschein-
lich zu halten als ihre Ableitung aus einstmals auch bei den „La-
tinern“ vorhanden gewesenen drei Tribus des Stamms1. Aber dieser
1 Wie man sich die Ablösung der palatinischen Stadt aus dem „lati-
nischen Stamm“ denkt, ist für unsere Frage nebensächlich. Da die Meinungen
auseinandergehen und ich selbst bald die Ansicht begründen will, daß Rom
 
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