28
Einleitung.
darf. Identität und ebenso Widerspruchslosigkeit geben für sich
nie gegenständliche Wahrheit. Erst wenn wir die Gründe dafür
kennen, wird ganz klar zu machen sein, was in jeder gegenständ-
lichen Erkenntnis des „Seienden“ die unanschaulichen Formen
als Urprädikate bedeuten, und wie diese den anschaulichen In-
halten der Erkenntnis als Formen besonderer Art gegenüber zu
stellen sind (V).
Auf Grund aller dieser Ausführungen können wir uns dann dem
zweiten Hauptteil der Abhandlung zuwenden, der den Begriff des
Seins untersucht, und der insofern einen ,,onto-logischen“ Cha-
rakter trägt. Schon eine Logik des Seienden darf man onto-logisch
nennen, vollends eine Logik des „Seins“. Sie hat vor allem die
Mehrdeutigkeit festzustellen, die das Wort „sein“ zeigt, und
über die kein Zweifel bestehen darf, wenn man das ontologische
Problem vom Sein der Welt eindeutig stellen will. Wir gehen
dabei von der Frage aus, ob es möglich ist, den Begriff eines
Prädikats „sein“ zu bilden, das in jeder denkbaren Erkenntnis des
Seienden eine entscheidende Bolle spielt, und welches dann als das
Urprädikat zu bezeichnen wäre. Wir sehen leicht: bilden läßt ein
solcher Begriff sich in jedem Fall. Doch müssen wir mit der Er-
örterung darüber zugleich eine Erörterung des Begriffs der Copula
verbinden, die ebenfalls durch das Wort „sein“ zum sprachlichen
Ausdruck gebracht zu werden pflegt. Wie steht das Sein als Copula
zum Sein als dem allgemeinsten Prädikat, das in jeder Er-
kenntnis des Seienden steckt ? Die Trennung ist, wenn der Begriff
„Sein“ wahrhaft umfassend genommen wird, nicht so einfach und
selbstverständlich, wie man oft glaubt. Schon da sind genaue
Unterscheidungen nötig.
Doch auch, wenn wir sie vollzogen haben, ist das Wort „sein“,
auch als Prädikat, noch immer vieldeutig, und dabei darf es
bei diesem sehr oft, und oft zugleich allzu „harmlos“ und unkritisch
gebrauchten Begriff nicht sein Bewenden haben. Vor allem ist zu
zeigen: hier wird von neuem der schon erörterte Gegensatz von
Erkenntnisform und bloßer Denkform wichtig. Das „Sein“
kann zweifellos auch eine bloße Denkform bedeuten, und dann
unterscheidet es sich prinzipiell von dem „Sein“, das als Erkennt-
nisform auftritt, also auch vom Sein der Welt. Mit dem Sein als
bloßer Denkform wird ebensowenig ein „Gegenstand“ oder gar
„die Welt“ erkannt wie mit den Denkformen der Identität und des
Widerspruchs. Aber noch mehr: das Sein vermag sogar als Er-
Einleitung.
darf. Identität und ebenso Widerspruchslosigkeit geben für sich
nie gegenständliche Wahrheit. Erst wenn wir die Gründe dafür
kennen, wird ganz klar zu machen sein, was in jeder gegenständ-
lichen Erkenntnis des „Seienden“ die unanschaulichen Formen
als Urprädikate bedeuten, und wie diese den anschaulichen In-
halten der Erkenntnis als Formen besonderer Art gegenüber zu
stellen sind (V).
Auf Grund aller dieser Ausführungen können wir uns dann dem
zweiten Hauptteil der Abhandlung zuwenden, der den Begriff des
Seins untersucht, und der insofern einen ,,onto-logischen“ Cha-
rakter trägt. Schon eine Logik des Seienden darf man onto-logisch
nennen, vollends eine Logik des „Seins“. Sie hat vor allem die
Mehrdeutigkeit festzustellen, die das Wort „sein“ zeigt, und
über die kein Zweifel bestehen darf, wenn man das ontologische
Problem vom Sein der Welt eindeutig stellen will. Wir gehen
dabei von der Frage aus, ob es möglich ist, den Begriff eines
Prädikats „sein“ zu bilden, das in jeder denkbaren Erkenntnis des
Seienden eine entscheidende Bolle spielt, und welches dann als das
Urprädikat zu bezeichnen wäre. Wir sehen leicht: bilden läßt ein
solcher Begriff sich in jedem Fall. Doch müssen wir mit der Er-
örterung darüber zugleich eine Erörterung des Begriffs der Copula
verbinden, die ebenfalls durch das Wort „sein“ zum sprachlichen
Ausdruck gebracht zu werden pflegt. Wie steht das Sein als Copula
zum Sein als dem allgemeinsten Prädikat, das in jeder Er-
kenntnis des Seienden steckt ? Die Trennung ist, wenn der Begriff
„Sein“ wahrhaft umfassend genommen wird, nicht so einfach und
selbstverständlich, wie man oft glaubt. Schon da sind genaue
Unterscheidungen nötig.
Doch auch, wenn wir sie vollzogen haben, ist das Wort „sein“,
auch als Prädikat, noch immer vieldeutig, und dabei darf es
bei diesem sehr oft, und oft zugleich allzu „harmlos“ und unkritisch
gebrauchten Begriff nicht sein Bewenden haben. Vor allem ist zu
zeigen: hier wird von neuem der schon erörterte Gegensatz von
Erkenntnisform und bloßer Denkform wichtig. Das „Sein“
kann zweifellos auch eine bloße Denkform bedeuten, und dann
unterscheidet es sich prinzipiell von dem „Sein“, das als Erkennt-
nisform auftritt, also auch vom Sein der Welt. Mit dem Sein als
bloßer Denkform wird ebensowenig ein „Gegenstand“ oder gar
„die Welt“ erkannt wie mit den Denkformen der Identität und des
Widerspruchs. Aber noch mehr: das Sein vermag sogar als Er-