I. Psychischer Urteilsakt, sprachlicher Satz und logischer Sinn.
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wir von ihm aus. Sogar dann, wenn wir uns an die Urteilsakte
halten wollten, könnten wir den Satz nicht entbehren. Die Urteils-
akte anderer Menschen müssen wir nämlich immer erst erschließen,
und dabgi sind wir in der Regel auf Sätze angewiesen. Wir können
also den Weg, der durch die Wahrnehmung der Sätze hindurch-
führt, unter keinen Umständen entbehren. Bleibt uns nicht auch
deswegen nur noch übrig, mit dem Satz als dem sprachlichen Aus-
druck des logischen Sinngebildes anzufangen, um dann zu sehen,
wie weit wir mit seiner Hilfe ins logische Gebiet hineinkommen ?
Doch es gibt noch weitere Gründe, die uns veranlassen, bei
der Untersuchung des Wahren vom Satz auszugehen und den
seelischen Urteilsakt zurücktreten zu lassen. Wir brauchen bei der
notwendigen begrifflichen Ablösung des logischen Gebildes von
seiner sinnlichen Realisierungsstätte eine Verwechslung von Satz
und Sinn viel weniger zu fürchten als beim Ausgehen vom Urteil
die Verwechslung des Sinnes mit dem seelischen Ausgangspunkt der
Untersuchung. Der Satz ist ein körperliches Gebilde, und daß die
Wahrheiten selbst keine physischen Realitäten sind, ist wohl nahezu
allen von vorneherein klar. Man kann im Ernst nicht versuchen,
einen wahren Sinn mit einem Körper zu identifizieren. Dann wäre
das Wahre wirklich nur ,,flatus vocis“ in des Wortes verwegenster
Bedeutung. Dagegen sind wir auf Grund des herrschenden Dogmas
vom psychophysischen Dualismus und der Alternative, die mit ihm
verbunden wird, immer geneigt, jedes nichtkörperliche Sein unter
ein und denselben Begriff zu bringen, nämlich den des Psychischen,
und wenn wir dann vollends alles, was hierunter fällt, mit einem so
vieldeutigen Namen wie „geistig“ versehen, dann werden sofort
den schlimmsten Konfusionen die Tore weit geöffnet. Dann scheinen
insbesondere seelische Urteilsakte und wahre logische Sinngebilde,
weil beide „geistig“ sind, auch ihrer Seinsart nach eng miteinander
verwandt oder gar identisch zu sein, obwohl sie als individuelles
Seelenleben und überindividuelle Wahrheit mindestens so weit
auseinanderliegen wie physisches und psychisches Sein.
Jedenfalls: die Ablösung der logischen wahren Sinngebilde
von dem sprachlichen Satz, der sie zum Ausdruck bringt, wird
leichter zu vollziehen sein als die Ablösung vom seelischen Urteils-
akt, womit wir sie erfassen, und die prinzipielle Verschiedenheit der
beiden Gebiete des wahrnehmbaren Sinnlichen und des versteh-
baren Unsinnlichen muß dann viel unzweideutiger zutage treten,
so daß die Eigenart des Logischen, die es gegenüber allem sinn-
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wir von ihm aus. Sogar dann, wenn wir uns an die Urteilsakte
halten wollten, könnten wir den Satz nicht entbehren. Die Urteils-
akte anderer Menschen müssen wir nämlich immer erst erschließen,
und dabgi sind wir in der Regel auf Sätze angewiesen. Wir können
also den Weg, der durch die Wahrnehmung der Sätze hindurch-
führt, unter keinen Umständen entbehren. Bleibt uns nicht auch
deswegen nur noch übrig, mit dem Satz als dem sprachlichen Aus-
druck des logischen Sinngebildes anzufangen, um dann zu sehen,
wie weit wir mit seiner Hilfe ins logische Gebiet hineinkommen ?
Doch es gibt noch weitere Gründe, die uns veranlassen, bei
der Untersuchung des Wahren vom Satz auszugehen und den
seelischen Urteilsakt zurücktreten zu lassen. Wir brauchen bei der
notwendigen begrifflichen Ablösung des logischen Gebildes von
seiner sinnlichen Realisierungsstätte eine Verwechslung von Satz
und Sinn viel weniger zu fürchten als beim Ausgehen vom Urteil
die Verwechslung des Sinnes mit dem seelischen Ausgangspunkt der
Untersuchung. Der Satz ist ein körperliches Gebilde, und daß die
Wahrheiten selbst keine physischen Realitäten sind, ist wohl nahezu
allen von vorneherein klar. Man kann im Ernst nicht versuchen,
einen wahren Sinn mit einem Körper zu identifizieren. Dann wäre
das Wahre wirklich nur ,,flatus vocis“ in des Wortes verwegenster
Bedeutung. Dagegen sind wir auf Grund des herrschenden Dogmas
vom psychophysischen Dualismus und der Alternative, die mit ihm
verbunden wird, immer geneigt, jedes nichtkörperliche Sein unter
ein und denselben Begriff zu bringen, nämlich den des Psychischen,
und wenn wir dann vollends alles, was hierunter fällt, mit einem so
vieldeutigen Namen wie „geistig“ versehen, dann werden sofort
den schlimmsten Konfusionen die Tore weit geöffnet. Dann scheinen
insbesondere seelische Urteilsakte und wahre logische Sinngebilde,
weil beide „geistig“ sind, auch ihrer Seinsart nach eng miteinander
verwandt oder gar identisch zu sein, obwohl sie als individuelles
Seelenleben und überindividuelle Wahrheit mindestens so weit
auseinanderliegen wie physisches und psychisches Sein.
Jedenfalls: die Ablösung der logischen wahren Sinngebilde
von dem sprachlichen Satz, der sie zum Ausdruck bringt, wird
leichter zu vollziehen sein als die Ablösung vom seelischen Urteils-
akt, womit wir sie erfassen, und die prinzipielle Verschiedenheit der
beiden Gebiete des wahrnehmbaren Sinnlichen und des versteh-
baren Unsinnlichen muß dann viel unzweideutiger zutage treten,
so daß die Eigenart des Logischen, die es gegenüber allem sinn-