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I. Psychischer Urteilsakt; sprachlicher Satz und logischer Sinn.

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sprachlichen Gebilde als dem Träger des logischen Sinnes zu be-
ginnen. Ja wir tun das nicht nur, damit wir eine allen unmittelbar
gegebene^ Realität haben, an die wir als an etwas Gemeinsames an-
knüpfen können, sondern auch, damit wir zunächst einmal die
grammatische Struktur der Sätze für sich kennen lernen, an
denen das Wesen des Wahren aufgezeigt werden soll. Nur wenn
wir etwas auch von ihr wissen, läßt sich die Frage beantworten, wie
weit einerseits ihre logische Bedeutung reicht, d. h. wie weit in ihr
zugleich die logische Struktur des Sinnes zum Ausdruck kommt, und
was andererseits an ihr nur grammatisch ist, also als logisch zu-
fällig oder unwesentlich beiseite zu bleiben hat. Diese Frage wird, wie
sich von selbst versteht, bei der Lehre vom logischen Prädikat von
besonderer Wichtigkeit werden, denn der Begriff des ,,Prädikats“
ist ja, zunächst jedenfalls, der grammatischen Sphäre entnommen.
Hat er überhaupt eine wesentliche logische Bedeutung, und worin
besteht diese ? Damit sind wir bei der Hauptfrage des logischen
Teils dieser Abhandlung angelangt, und sie kann gewiß nur im
Anschluß an die Frage nach der grammatischen Struktur des
Satzes, nicht im Anschluß an die Frage nach der psychologischen
Struktur des Urteilaktes beantwortet werden.
Bevor wir jedoch zu diesem Problem übergehen, schicken wir
endlich noch eine allgemeine Bemerkung voraus, die es ebenfalls
rechtfertigen wird, daß wir in der Logik den sprachlichen Ausdruck
des wahren Sinngebildes voranstellen, obwohl mit dem Satz als
Körper der logische Sinn ebensowenig zusammenfallen kann wie
mit dem Urteil als seelischer Realität eines individuellen Menschen.
Schon oft hat man gesagt, die Logik werde das höchste, was
sie zu leisten vermag, dann erreichen, wenn sie es sich von vorne-
herein zur Aufgabe macht, in einer Theorie der Wissenschaft zu
gipfeln. Damit braucht nicht gesagt zu sein, daß sie es nur mit der
Wissenschaft zu tun hat. Wissenschaften sind immer schon recht
komplizierte logische Gebilde und liegen außerdem faktisch stets
in einer Mannigfaltigkeit vor. Die Logik muß auch, ja vor allem
das allen Wissenschaften Gemeinsame feststellen, und sie hat sich
dabei zuerst den elementaren Gebilden zuzuwenden, die in ihrer
Schlichtheit und Einfachheit in einer Wissenschaft vielleicht gar
nicht „rein“, d. h. ohne Vermischung mit anderen Bestandteilen,
anzutreffen sind. Richtig bleibt trotzdem, daß die Logik ihre Arbeit
stets an dem Ziel orientieren muß, schließlich das Wesen der
Wissenschaft als der vollendetsten Realisierung der Er-
 
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