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Erster logischer Teil.

Doch ist damit über die logische Struktur des Sinnes, den
solche Aussagesätze zum sprachlichen Ausdruck bringen, für das,
was uns hier die Hauptsache ist, noch nichts entschieden. Es erhebt
sich vielmehr eine zweite Frage, deren Beantwortung erst die volle
Klarheit über das Wesen des wahren Sinnes bringt, und sie muß
lauten: hat die sprachliche Subjekt-Prädikat-Synthese der Aus-
sagesätze auch eine entscheidende logische Bedeutung, d. h. ist
es möglich, die Begriffe des Subjekts und des Prädikats, die zu-
nächst der Grammatik entstammen, in der Logik so zu verwenden,
daß mit ihrer Hilfe eine Einsicht in die logische Struktur jedes
wahren Sinngebildes und damit in die logische Struktur auch jeder
Erkenntnis des Seienden zustande kommt ? Worin besteht die
,,metagrammatische“ Struktur des wahren Sinnes P1 Mit einer Ant-
wort hierauf wird sich erst die Bildung eines Begriffes verbinden
lassen, der dann im besonderen die Bedeutung des logischen
Prädikats für die Erkenntnisse einer allgemeinen Ontologie klar-
stellt, also Antwort auf die Hauptfrage dieser Abhandlung gibt.
Zuerst jedoch fragen wir nur, warum für unser Problem nicht
alle Sätze, sondern allein „Aussagen“, d. h. sprachliche Verbindungen
eines grammatischen Subj ekts mit einem grammatischen Prädikat
in Betracht kommen. Doch ist, ehe wir die Gründe dafür ent-
wickeln, noch eine Bemerkung vorauszuschicken, die einem nahe-
liegenden Einwand begegnen soll.
Vielleicht nämlich wird man meinen, daß schon unsere Frage-
stellung viel zu „voraussetzungsvoll“ sei, weil sie ohne Begründung
nur von Sätzen redet. Darunter versteht man doch in der Regel
sprachlich gegliederte Gebilde oder Komplexe von mehreren
Worten. Müssen es -denn stets ganze Sätze sein, die eine Wahrheit
zum sprachlichen Ausdruck bringen, oder genügt dazu nicht unter
Umständen schon ein einziges Wort? Mit welchem Recht reden
wir also schon beim sprachlichen Ausdruck der Wahrheit von einer
diese eine Logik gültig ist. Sonst hat auch das Nachdenken über verschiedene
„Logiken“ keinen logischen Sinn. Eslohnt nicht, hierauf näher einzugehen. Wer
nicht eine und nur eine Logik als gültig voraussetzt, wird nie von irgend
etwas zu „überzeugen“ sein. Ich wollte nur ausdrücklich bemerken, weshalb
ich „Probleme“ dieser Art im Text grundsätzlich ignoriere. Ich kann in ihnen
keine ernsten Probleme sehen. Wenn Jemand berichtet, es sei ihm in der
Wissenschaft gelungen, sich über die eine Logik zu erheben, so schenke
ich ihm so viel Glauben wie dem Freiherrn von Münchhausen, der erzählt,
er habe sich am eigenen Zopfe aus dem Wasser gezogen.
1 Vgl. hierzu oben S. 42.
 
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