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III. Die Gliederung des einfachsten logischen Sinnes u. die Urprädikate. 75

und beide sind dem Subjekt „Mond“ beigelegt. Erst dadurch
kommt gegenständliche Wahrheit zustande, die mehr als ein
bloßer „Gedanke“ ist. Das Prädikat „wirklich“ tritt sprachlich
freilich im ersten Satz nicht zutage. Als grammatisches Prädikat
kommt es nur im zweiten Satz vor. Trotzdem liegt mit Rücksicht
auf den logischen Sinn schon im ersten Satz eine doppelte Prädi-
zierung vor, die zwar keinen grammatischen Ausdruck gefunden
hat, die wir aber, ohne an dem logischen Sinn des Satzes damit
etwas zu ändern, auch sprachlich so formulieren können, daß wir
sagen: „der Mond ist erstens wirklich und ist zweitens eine Kugel“.
Erst dieser Doppelsatz stimmt dann auch in seiner grammatischen
Struktur mit der Struktur des gegenständlich wahren logischen
Sinnes vollständig überein, d. h. es sind darin nicht nur das
Subjekt und die Copula, sondern ebenso auch die beiden Prädikate
sprachlich durch besondere Aussagesätze bezeichnet, deren Gehalt
logisch nicht fehlen dürfte, ohne daß der gegenständliche Erkennt-
nis-Sinn dadurch zerstört würde.
Damit ist es uns gelungen, zunächst in einem besonderen Falle,
grammatische und logische Struktur voneinander zu trennen,
und auf diesem Wege müssen wir suchen, weiter zu kommen.
Die nächste Frage, die dann entsteht, ist nun die, ob wir nicht
vielleicht auch in dem zweiten Satz „der Mond ist wirklich“ ein
sprachliches Gebilde vor uns haben, das seinem logischen Sinn nach
noch immer kein Minimum an Prädikation enthält, sondern eben-
falls bereits als kompliziert gegenüber einem noch einfacheren
logischen Gebilde erwiesen werden kann. Es liegt vor allem dabei
der Gedanke nahe, daß schon die Bezeichnung des Sub j ekts durch
das Wort „Mond“ logisch eine Prädizierung einschließt, wie das
Subjektswort in einem „identischen“ Satze, z. B. Körper sind aus-
gedehnt, das tut, und daß daher der Satz vollentwickelt lauten
müßte: „etwas oder dies ist erstens der Mond und ist zweitens
außerdem wirklich“. Da hätten wir auch sprachlich zwei Prädi-
kationen für denselben Sinn, der im Satz: „der Mond ist wirk-
lich“, nur ein Prädikat zeigt.
Sobald wir jedoch an unsere Ausführungen über die Namen-
Erklärung und ihre Unbrauchbarkeit für unseren Zweck denken,
werden wir leicht einsehen, daß in dem Satz „der Mond ist wirklich“
auch logisch mit Rücksicht auf den Erkenntnis-Sinn keine doppelte
Prädizierung mehr vorliegt. Es handelt sich nämlich bei dem Satz
„etwas ist der Mond“ ausschließlich um eine Namenerklärung ohne
gegenständlich wahren Erkenntnisgehalt.
 
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