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Erster logischer Teil.
benutzter Worte wie „wirklich“ ist. Besonders in einer Lehre vom
logischen Prädikat ist aufs sorgfältigste darauf zu achten, daß
durchaus nicht jede „sekundäre“ Prädizierung eines Objektes
bereits das primäre Prädikat „wirklich“ einschließt. Es gibt viel-
mehr noch andere Wortbedeutungen, die ebenfalls in dem Sinne
Urprädikate sein können wie die Wortbedeutung „wirklich“, und
sie beweisen unzweideutig, wie verfehlt es wäre, alle wahre Er-
kenntnis mit einer Erkenntnis der als wirklich prädizierten „Welt“
oder „des Wirklichen“ zu identifizieren.
Wir halten uns, um dies zu zeigen, zuerst wieder an konkrete
Beispiele, und gehen dabei von dem mathematischen Satz: „der
Peripherie-Winkel im Halbkreis ist ein rechter“ aus, der eine un-
bezweifelbare Wahrheit über den Peripherie-Winkel im Halbkreis
dadurch zum Ausdruck bringt, daß er von ihm eine bestimmte
Größe aussagt. Er hat genau die grammatische Struktur, die wir
brauchen, d. h. es wird mit dem Gegenstand, der durch das Sub-
jektswort „Peripherie-Winkel im Halbkreis“ bezeichnet ist, durch
die Copula „ist“ das Prädikat „rechter Winkel“ verbunden. Wie
steht es mit seiner logischen Struktur ?
Zunächst ist zu bemerken: auch dieser Satz enthält in seinem
logischen Sinn, ebenso wie der Satz: „der Mond ist eine Kugel“,
nicht nur das eine Prädikat „rechter Winkel“, sondern es muß dem
Subjekt außerdem noch ein anderes Prädikat zukommen, falls der
Satz gegenständlich wahr sein soll. Sprachlich fehlt dies Prädikat
wieder, aber der Sinn schließt es ein. Der Peripherie-Winkel im
Halbkreis muß irgendwie „existieren“, um ein rechter Winkel sein
zu können, ebenso wie der Mond „wirklich“ sein muß, um eine
Kugel sein zu können. Aber die hier vorausgesetzte „Existenz“
des Winkels darf nun gerade nicht durch das Wort „wirklich“
charakterisiert werden, denn ein wirklicher Winkel in einem wirk-
lichen Halbkreis ist, falls man davon überhaupt reden will, im
Sinne der Mathematik nie ein „rechter“. Die reale Sinnenwelt zeigt
solche genauen quantitativen Bestimmungen in keinem ihrer Teile.
Daher wäre der als Beispiel gewählte Satz, falls wir zu ihm das
Wort „wirklich“ hinzufügten und sagten: „der wirkliche Peri-
pherie-Winkel im Halbkreis ist ein rechter“, oder „der Peripherie-
Winkel im Halbkreis ist wirklich ein rechter“, geradezu falsch. Die
„Existenz“ des Winkels muß vielmehr im Gegensatz zu der
„realen“ Existenz, die dem Monde zukommt, als eine „ideale“
bezeichnet werden, und falls wir daher die doppelte Prädikation,
Erster logischer Teil.
benutzter Worte wie „wirklich“ ist. Besonders in einer Lehre vom
logischen Prädikat ist aufs sorgfältigste darauf zu achten, daß
durchaus nicht jede „sekundäre“ Prädizierung eines Objektes
bereits das primäre Prädikat „wirklich“ einschließt. Es gibt viel-
mehr noch andere Wortbedeutungen, die ebenfalls in dem Sinne
Urprädikate sein können wie die Wortbedeutung „wirklich“, und
sie beweisen unzweideutig, wie verfehlt es wäre, alle wahre Er-
kenntnis mit einer Erkenntnis der als wirklich prädizierten „Welt“
oder „des Wirklichen“ zu identifizieren.
Wir halten uns, um dies zu zeigen, zuerst wieder an konkrete
Beispiele, und gehen dabei von dem mathematischen Satz: „der
Peripherie-Winkel im Halbkreis ist ein rechter“ aus, der eine un-
bezweifelbare Wahrheit über den Peripherie-Winkel im Halbkreis
dadurch zum Ausdruck bringt, daß er von ihm eine bestimmte
Größe aussagt. Er hat genau die grammatische Struktur, die wir
brauchen, d. h. es wird mit dem Gegenstand, der durch das Sub-
jektswort „Peripherie-Winkel im Halbkreis“ bezeichnet ist, durch
die Copula „ist“ das Prädikat „rechter Winkel“ verbunden. Wie
steht es mit seiner logischen Struktur ?
Zunächst ist zu bemerken: auch dieser Satz enthält in seinem
logischen Sinn, ebenso wie der Satz: „der Mond ist eine Kugel“,
nicht nur das eine Prädikat „rechter Winkel“, sondern es muß dem
Subjekt außerdem noch ein anderes Prädikat zukommen, falls der
Satz gegenständlich wahr sein soll. Sprachlich fehlt dies Prädikat
wieder, aber der Sinn schließt es ein. Der Peripherie-Winkel im
Halbkreis muß irgendwie „existieren“, um ein rechter Winkel sein
zu können, ebenso wie der Mond „wirklich“ sein muß, um eine
Kugel sein zu können. Aber die hier vorausgesetzte „Existenz“
des Winkels darf nun gerade nicht durch das Wort „wirklich“
charakterisiert werden, denn ein wirklicher Winkel in einem wirk-
lichen Halbkreis ist, falls man davon überhaupt reden will, im
Sinne der Mathematik nie ein „rechter“. Die reale Sinnenwelt zeigt
solche genauen quantitativen Bestimmungen in keinem ihrer Teile.
Daher wäre der als Beispiel gewählte Satz, falls wir zu ihm das
Wort „wirklich“ hinzufügten und sagten: „der wirkliche Peri-
pherie-Winkel im Halbkreis ist ein rechter“, oder „der Peripherie-
Winkel im Halbkreis ist wirklich ein rechter“, geradezu falsch. Die
„Existenz“ des Winkels muß vielmehr im Gegensatz zu der
„realen“ Existenz, die dem Monde zukommt, als eine „ideale“
bezeichnet werden, und falls wir daher die doppelte Prädikation,