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IV. Subjekt und Prädikat.

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zeigen wird, sondern Erkenntnistheorie oder, um mit Kant zu
reden, „transzendentale Logik“, d. h. für uns ist nicht die Wahr-
heit des Denkens überhaupt, die ohne Rücksicht auf einen Gegen-
stand, der erkannt wird, besteht, sondern lediglich die Wahrheit
über einen Gegenstand das Thema der Untersuchung. Aber von
Erkenntnisformen im Unterschied zum erkannten Inhalt können
wir ebensogut sprechen wie von Formen des wahren Denkens
überhaupt, und besonders, wenn wir die Identität der Formen, die
in den einfachsten Sinngebilden bei verschiedenem Inhalt bestehen,
ins Auge fassen, ist es nicht schwer, einzusehen, was in der gegen-
ständlichen Erkenntnis des Wahren der Unterschied von Inhalt und
Form bedeutet. Formen sind auch hier die immer wiederkehrenden
identischen Faktoren, welche einerseits, gleich der Kugel oder dem
Würfel im Körpergebiet, dieselben bleiben, wie verschieden der
Inhalt auch beschaffen sein mag, der sie „erfüllt“, und die anderer-
seits trotz ihrer Identität die Verschiedenheiten des Inhaltes, von
dem die besonderen Wahrheiten als dessen Erkenntnis gelten,
nicht antasten, sondern sie vielmehr ebenso aufrecht erhalten und
bewahren, wie Eisen und Blei inhaltlich verschieden bleiben, auch
wenn sie dieselbe Kugelform oder dieselbe Würfelform bekommen
haben.
Damit muß im allgemeinen die Bedeutung des Bildes Inhalt
und Form und das Recht zu seiner Verwendung nicht nur in der
„formalen“ Logik, sondern auch in der Theorie der gegenständ-
lichen Erkenntnis klar sein.
Wichtig ist nun vor allem, was es heißt, wenn wir bei der
Gliederung eines wahren Sinngebildes in seine Bestandteile statt
Subjekt (uttoxeljjlsvov) auch Inhalt und statt Prädikat (xocTTjyopou^s-
vov) auch Form sagen, also die ursprünglich grammatischen Ter-
mini durch diese logischen ersetzen.
Das können wir selbstverständlich ohne weiteres nur bei einem
logischen Minimum an Erkenntnis-Sinn durchführen, da allein das
einfachste logische Gebilde aus nur einem, noch prädikatslosen
Subjekt und aus nur einem Prädikat besteht, wir also erst hier
unabhängig von sprachlichen Zufälligkeiten werden. Dann aber
ist das Bild, das wir brauchen, um dies primäre Subjekt und dies
primäre Prädikat zu charakterisieren, durchaus geeignet, und zwar
deshalb, weil, ebenso wie im Gebiet des körperlichen Seins ver-
schiedene Inhalte dieselbe Form erhalten können, ohne als Inhalte
in ihrer Verschiedenheit dadurch beeinträchtigt zu werden, es mög-

Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., phil.-bist. Kl. 1930/31. l.Abb.

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