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V. Erkenntnisformen und Denkformen.

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anders ausgedrückt: gedacht, also nicht nur wahrgenommen, be-
deutet. Das Wort „dies“ stellt sich logisch notwendig als Hinweis
auf ein identisches Etwas dar.
Sobald wir das eingesehen haben, ist zugleich klar, was es
heißt, daß auch der nur mit dem Worte „dies“ bezeichnete an-
schauliche Inhalt schon irgendwie festgehalten, aus dem Erlebnis-
Strom herausgehoben, zum Stehen gebracht oder „zuständlich“
geformt und insofern logisch „gedacht“ sein muß, bevor er noch
als wirklich erkannt wird. Eine logische Form kann bei keinem
Inhalt entbehrt werden, der zum Subjekt in einem wahren Sinn-
gebilde werden soll. Wenn aber bereits die Bezeichnung eines an-
schaulichen Subjektes mit dem Worte „dies“ logisch die Form der
Identität einschließt, dann sind wir gewiß berechtigt, in der
Identität das logische Minimum an Form überhaupt zu sehen,
welches sogar bei den von Erkenntnisprädikaten noch freien In-
halten eines wahren Sinnes niemals fehlen kann. Jedes einfache
Sinngebilde zeigt demnach mindestens schon zwei Formen: die
des Subjekts und die des Prädikats. „Etwas“ bedeutet in der
Formel: etwas ist wirklich einen Inhalt in der Form der Identität
die schon das Subjekt hat. „Wirklich“ ist die Prädikatsform. Das
ist zuerst zu beachten, damit unsere Lehre von dem Prädikat als
Form im Gegensatz zum Subjekt als dem Inhalt nicht mißver-
standen wird und dann Einwänden ausgesetzt ist.
Andererseits aber steht ebenso fest, daß wir diese Subjekts-
form als bloße Denkform von den vorher betrachteten Prädikats-
formen als den eigentlichen Erkenntnisformen prinzipiell unter-
scheiden müssen. Sie eignet sich, so notwendig sie für das Subjekt
als logische Vorbedingung eines wahren Sinnes darüber ist, selber
durchaus nicht zum Erkenntnisprädikat, denn es kann mit ihr
allein noch keine Erkenntnis über etwas oder gegenständliche
Wahrheit zustande kommen. Jedenfalls ist sie, und darauf allein
kommt es hier an, nie in der Weise Prädikat, wie „wirklich“ oder
„geltend“ Prädikate der Erkenntnis sind. Insofern halten wir
unsere früheren Ausführungen ohne jede Einschränkung aufrecht.
Allerdings kann man auch einen wahren Satz bilden der nur
die Form der Identität zeigt, und in dem dann diese Form als
Prädikat auftritt: Etwas ist identisch. In der Logik wird viel von
einem „Satz der Identität“ gesprochen. Aber gerade dann, wenn
wir auf die Eigenart solcher Sätze achten, die auf die Formel
„a ist a“ zu bringen sind, sehen wir, daß sie nicht etwa wahre
 
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