Metadaten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
VIII. Ontologie und Metaphysik.

175

der Welt, also auch der Metaphysik, die man dann eine Lehre vom
,,Ansichseienden“ nennen mag, vor aus gehen muß. Wir dürfen
ohne Begründung nicht einmal das Dogma aufstellen, daß jedes
Sein der Welt, welches nicht „an sich“ ist, darum zur bloßen „Er-
scheinung“ herabsinkt. Das wäre nicht minder unkritisch. „An
sich“ und „Erscheinung“ sind in ihrer üblichen Bedeutung Wechsel-
begriffe, d. h. es gibt das eine nicht ohne das andere, und von
allen Voraussetzungen, die in solchen speziellen Seinsbegriffen
der Welt stecken, wird die allgemeine Ontologie, sobald sie sich
über den Begriff des Seins als Erkenntnis-Prädikat wie als Denk-
prädikat klar geworden ist, an ihrem Beginn absehen. Nur dann
verfährt sie „kritisch“.
Es ist allerdings zu befürchten, daß mancher finden wird, mit
derartigen „Einschränkungen“, die in Wahrheit Erweiterungen des
Problemgebietes sind, sei der modernen Ontologie von vornherein
der eigentliche Lebensnerv genommen. Sie müsse gerade auf
die Erkenntnis eines Ansichseienden ausgehen, ja darin beruhe
die Bedeutung des modernen ontologischen Denkens, daß es
den Mut zu einem solchen Unternehmen wiedergefunden habe. So
meint z. B. Ferdinand Weinhandl1 * in einer interessanten Abhand-
lung „Zum Problem der Realtranszendenz in der modernen Onto-
logie“: das, was diese Wissenschaft „erst voll und ganz zur Onto-
logie4 macht, ist der Umstand, daß sie.die zumal seit Kant
meist sorgsam gemiedene Frage nach der Beschaffenheit der realen
Welt ohne (nicht etwa ohne Rücksicht auf) menschliche (!) Sub-
jekte, denen sie bewußt ist, erneut zur Diskussion stellt. Die Trans-
zendenz des Realen mit allen Folgen wird zum Problem. Es ist
das bleibende Verdienst der neuen Ontologie, daß sie sich dieses
Anliegen in seiner Ursprünglichkeit und Unmißverständlichkeit
weder durch die Last der Geschichte, noch durch positivistische
Resignation verkümmern läßt.“
Das scheint unzweideutig, und das kann gewiß auch einen
richtigen Gedanken enthalten, aber es kommt dabei doch alles
darauf an, was man unter „Transzendenz“ der Welt versteht, und
gerade das ist, sobald das „menschliche Subjekt“ hereingezogen
wird, nicht eindeutig gesagt. Man sollte hier Unterscheidungen
machen, die in Ausführungen von solcher Art entweder gar nicht
1 Philosophischer Anzeiger. Zeitschrift für die Zusammenarbeit von
Philosophie und Einzelwissenschaft, I. Jahrg., II. Halbband, 1926, S. 267ff.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften