IX. Das logische Problem der Metaphysik.
197
„streng“ begrifflich nachweisen kann, wie man zu solchen Inhalten,
die einerseits anschaulich und zugleich andererseits übersinnlich
wirklich oder jenseitig zu nennen sind, zu gelangen und sie wissen-
schaftlich zu verwenden vermag, sollte man mit etwas mehr Zurück-
haltung von einer „Erneuerung“ der Metaphysik sprechen. Damit,
daß man die seit Platon bekannten unsinnlich verstehbaren
Inhalte, die uns im Diesseits unmittelbar begegnen, nach dem
Muster der Platonischen Ideenlehre in ein übersinnliches Jenseits
versetzt und dann dabei eventuell ganz vergißt, daß sogar Platon
als Schöpfer dieser Metaphysik noch ein „Jenseits des Wesens“
gekannt hat, von dem es keine Wissenschaft und keinen Logos
mehr gab, ist für den Aufbau einer „neuen“ Metaphysik nicht das
geringste getan. Höchstens das eine wird man zur Rechtfertigung
eines solchen Unternehmens sagen können, daß man eben beim
alten Herkommen bleiben wolle, welches nun einmal durch die
Jahrtausende „geheiligt“ sei, nämlich bei dem Versuch, die im
Diesseits unmittelbar Vorgefundenen unsinnlich verstellbaren In-
halte zugleich als das „wahre Sein“ der Welt oder als ihr Jenseits
zu interpretieren. Damit aber hätte man gewiß keine inhaltlich
neue Erkenntnis über das Diesseits hinaus gewonnen, sondern
nur die Form, mit der man als Prädikat das „Sein“ der verstell-
baren Inhalte des Diesseits bestimmt, aus dem Diesseits ins Jen-
seits versetzt. Ein solches Verwandeln des „unsinnlich verstell-
bar“ in ein „übersinnlich real“ Seiendes mag die Gemüter
mancher Menschen befriedigen, die sich dagegen sträuben, das,
was sie als „das Höchste“ verstanden haben, im irrealen Dies-
seits zu belassen. Ob damit aber wissenschaftlich viel geleistet ist,
wollen wir nicht weiter untersuchen.
Jedenfalls bleibt es dabei: nicht nur die allgemeine Onto-
logie als Wissenschaft vom Sein der Welt überhaupt, sondern auch
ihr besonderer Teil, die Metaphysik als Wissenschaft vom über-
sinnlich Seienden, vom Jenseits oder vom Ansich der Welt, kommt
ohne eine Logik des Prädikats „Sein“ nicht einmal zu einer klaren
Problemstellung. Das war die These, deren Begründung diese
Abhandlung sich zur Aufgabe gemacht hat, und insofern sind wir
jetzt mit unserer Arbeit in der Hauptsache fertig.
197
„streng“ begrifflich nachweisen kann, wie man zu solchen Inhalten,
die einerseits anschaulich und zugleich andererseits übersinnlich
wirklich oder jenseitig zu nennen sind, zu gelangen und sie wissen-
schaftlich zu verwenden vermag, sollte man mit etwas mehr Zurück-
haltung von einer „Erneuerung“ der Metaphysik sprechen. Damit,
daß man die seit Platon bekannten unsinnlich verstehbaren
Inhalte, die uns im Diesseits unmittelbar begegnen, nach dem
Muster der Platonischen Ideenlehre in ein übersinnliches Jenseits
versetzt und dann dabei eventuell ganz vergißt, daß sogar Platon
als Schöpfer dieser Metaphysik noch ein „Jenseits des Wesens“
gekannt hat, von dem es keine Wissenschaft und keinen Logos
mehr gab, ist für den Aufbau einer „neuen“ Metaphysik nicht das
geringste getan. Höchstens das eine wird man zur Rechtfertigung
eines solchen Unternehmens sagen können, daß man eben beim
alten Herkommen bleiben wolle, welches nun einmal durch die
Jahrtausende „geheiligt“ sei, nämlich bei dem Versuch, die im
Diesseits unmittelbar Vorgefundenen unsinnlich verstellbaren In-
halte zugleich als das „wahre Sein“ der Welt oder als ihr Jenseits
zu interpretieren. Damit aber hätte man gewiß keine inhaltlich
neue Erkenntnis über das Diesseits hinaus gewonnen, sondern
nur die Form, mit der man als Prädikat das „Sein“ der verstell-
baren Inhalte des Diesseits bestimmt, aus dem Diesseits ins Jen-
seits versetzt. Ein solches Verwandeln des „unsinnlich verstell-
bar“ in ein „übersinnlich real“ Seiendes mag die Gemüter
mancher Menschen befriedigen, die sich dagegen sträuben, das,
was sie als „das Höchste“ verstanden haben, im irrealen Dies-
seits zu belassen. Ob damit aber wissenschaftlich viel geleistet ist,
wollen wir nicht weiter untersuchen.
Jedenfalls bleibt es dabei: nicht nur die allgemeine Onto-
logie als Wissenschaft vom Sein der Welt überhaupt, sondern auch
ihr besonderer Teil, die Metaphysik als Wissenschaft vom über-
sinnlich Seienden, vom Jenseits oder vom Ansich der Welt, kommt
ohne eine Logik des Prädikats „Sein“ nicht einmal zu einer klaren
Problemstellung. Das war die These, deren Begründung diese
Abhandlung sich zur Aufgabe gemacht hat, und insofern sind wir
jetzt mit unserer Arbeit in der Hauptsache fertig.