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Honecker, Martin; Johannes; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1937/38, 2. Abhandlung): Nikolaus von Cues und die griechische Sprache — Heidelberg, 1938

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https://doi.org/10.11588/diglit.41994#0058
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Martin Honecker:

aber dabei jene Diskrepanzen nicht bemerkt hat, wirft kein gün-
stiges Licht auf seine griechischen Sprachkenntnisse. Sein Grie-
chisch reichte auch offenbar nicht aus, um ihn zu veranlassen, an
Hand der Übersetzung die Fehler des griechischen Satzes zu ver-
bessern, also vor allem von factor aus das im Zusammenhänge sinn-
lose politis, das vermutlich s.hon in der Lactanz-Hs. des Gusanus
gestanden hat143, in ποιητής umzuwandeln144.
Im ganzen genommen zeigen also die Satzzitate die griechi-
schen Sprachkenntnisse des Cusaners auf derselben Stufe, auf die
sie schon das oben besprochene panto projton (Nr. 38) verwiesen
hatte, das übrigens sowohl bei Cusanus als auch bei Lactanz im
unmittelbaren Anschluß an das zuletzt behandelte Zitat auftritt145.

nicht herangezogen, so daß wir darauf angewiesen sind, auf die Lesarten in
anderen Godd. zu achten. Nicht alle Laktanz-Hss. bringen eine lateinische
Übersetzung der griechischen Zitate. Doch findet sich eine der Cusanus-Stelle
parallele Übertragung in den Codd. Paris. 1662 (= P) und 1664 (= S). Dort
steht (22 228) zu lesen: Dominus et omnium factor quem deum nominare videmur,
quia secundum fecit deum ... Es darf also wohl vermutet werden, daß der
cusanische Laktanztext den gleichen Wortlaut aufgewiesen hat.
143 Brandt gibt keine einzige hs. Variante an, die πολίτης böte.
144 Auf die kleineren Fehler der lateinischen Transskription soll nicht
besonders Wert gelegt werden. Das Anfangswort kuros in C 220 ist zwar auf-
fallend; doch mag die Verbesserung kyrios in V1 von Nicolaus Cusanus selbst
herrühren. Das Wortbild ke für καί entspricht der byzantinischen Aussprache.
Über die Vernachlässigung der Aspiration [on für ov) wurde schon gesprochen.
Ferner mag kalei statt καλεΐν νενομίκαμεν schon in der Vorlage gestanden
haben (Brandt gibt für andere Codd. keine derartige Variante an). Der Aus-
fall von quia (= έπεί) in der Übersetzung wird vielleicht dadurch bedingt
sein, daß Nikolaus von Cues die Stelle abgekürzt zitieren und deshalb den
Nebensatz in einen Hauptsatz verwandeln wollte.
145 Brandt (22 289, 3) bringt zu παντότροφον keine Variante, die das
Wortbild panto projton (s. ob. Nr. 38) rechtfertigen könnte. Im kritischen
Apparat bemerkt er zu der ganzen Stelle: inlerpretatio latina eadem in S P,
simillime apud Sedulium. Bei Sedulius Scotus (IX. Jahrh.) steht aber:
omnium nutritorem, creatorem . . . (Bern, de Montfaucon, Palaeographia
graeca, Paris 1708, S. 245; Andreas Gallandius, Bibliotheca veterum pa-
trum antiquorumque scriptorum ecclesiasticorum, Venedig 1745, I, S. 403).
Für die cusanische Lesart conditoremque ist also keine Unterlage zu finden;
dennoch ist nicht ausgeschlossen, daß der Brüsseler Cod. sie enthält. — Ob
übrigens die Laktanz-Exzerpte des Sedulius Scotus, die Brandt heranzieht
(vgl. 22 S. CIVff.), auch in Cod. Cus. 52, f° 246r—274v enthalten sind, bedarf
noch der Klärung. Die Angaben bei Jos. Klein (Über eine Handschrift des
Nikolaus von Cues nebst ungedruckten Fragmenten ciceronischer Reden, Berlin
1866, S. 91f.) und S. Hellmann (Sedulius Scotus. Quellen und Untersuchun-
 
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