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Dibelius, Martin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1938/39, 2. Abhandlung): Paulus auf dem Areopag — Heidelberg, 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.41997#0014
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Martin Dibelius:

ments von Adam und von Noah und ist nicht erst im Gegensatz
zu irgendeinem Autochthonen-Glauben gewonnen. Aber das Alte
Testament hat diesen Gedanken nicht besonders herausgearbeitet1.
Und hier ist die ganze Vorstellung nicht nach alttestamentliehen
Gedanken ausgerichtet; hier steht nichts von Sündenfall und Sint-
flut, nichts von Turmbau zu Babel und Zerstreuung der Mensch-
heit, auch nichts von einem auserwählten Volk und seinem Sonder-
schicksal2. Die Verteilung der Menschen auf der Erde wird durch-
aus optimistisch betrachtet: indem Gott einen schuf, schuf er alle,
daß sie die Erde bewohnen.
Der Gedanke faßt also den Menschen als Weltbürger; die
Teilung nach Nationen spielt keine Rolle. Und das ist kein Wunder,
Gerade so hat vor dem Paulus der Areopagrede schon Philo vom
Menschen geredet. Er hat seine Stellung zwischen Gott und dem
übrigen Menschengeschlecht hervorgehoben: wir stammen vom
ersten Menschen ab, ihn hat Gott gebildet (De opificio mundi 140),
er heißt 6 παντός του γένους ημών αρχηγέτης (§ 136), er ist nicht
nur der erste Mensch, sondern auch der einzige Weltbürger; er
lebt nach der Verfassung, die die πολιτεία der ganzen Welt ist,
dem Naturgesetz (ό τής φύσεως ορθός λόγος — De ορ. mundi 142.
143). Solche Gedanken, wenn auch vielleicht nicht so stoisch aus-
geprägt, mögen hinter dem Satz der Areopagrede liegen von dem
einen Menschen, aus dem das ganze die Erde bewohnende Men-
schengeschlecht entstand. Damit ist dann auch die Entscheidung
gefallen zwischen den beiden Interpretationen dieses Redestücks,
der geschichtlichen und der philosophischen. Recht hat durchweg
die philosophische: es handelt sich nicht um Nationen, Völker-
epochen und Staatsgrenzen, sondern um das weltbürgerliche Men-
schengeschlecht, die Ordnung seines Lebens nach Jahreszeiten und
geeigneten Siedlungsplätzen, und das durch diese Ordnung er-
weckte menschliche Suchen nach Gott.
1 Der Gedanke von Röm. 5, 12ff·., der die Universalität der Sünde
(Adam) und die Universalität des Heils (Christus) nebeneinander stellt, liegt
hier völlig fern. Denn von Sünde ist, wie oben gezeigt, keine Rede.
2 Alttestamentlich dagegen ist offenbar der Ausdruck έπί παντός προ-
σούπου τής γής siehe LXX Gen. 8, 9 ύδωρ ήν έπί παντί προσώπω πάσης τής γής,
aber auch Luk 21, 35 έπί πάντας τούς καΡημένους έπί πρόσωπον πάσης τής γής.
Dem Verfasser stehen alttestam entliehe Ausdrücke durchaus zu Gebote; das
zeigt ποι,εΐν schaffen in 17, 24. 26, ούρανοϋ καί γής 17, 24, ζητεΐν τον -9-εόν
17, 26, κρίνειν τήν οικουμένην έν δικαιοσύνη 17, 31. Aber daß er so wenig und
(mit Ausnahme von 17, 31) nur nebenher Gebrauch von LXX-Wendungen
macht, zeigt eben, wie wenig alttestamentlich der Inhalt seiner Predigt ist.
 
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