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Dibelius, Martin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1938/39, 2. Abhandlung): Paulus auf dem Areopag — Heidelberg, 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.41997#0023
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Paulus auf dem Areopag.

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mit falscher und wahrer θεραπεία Gottes einführt1. Josephus aber
läßt Salomo in dem ganz hellenistisch empfundenen zweiten Tempel-
weihgebet sagen, daß die Menschen Gott nicht mit Werken seine
Wohltaten vergelten können, da er nichts nötig habe2.
Ein Gedanke, der in hellenistischer Lehre so verbreitet und
vom hellenistischen Judentum bereitwilligst auf genommen war,
mußte sich dem Christentum von selbst anbieten. Aber hier zeigt
sich aufs deutlichste, wie wenig die ersten christlichen Generationen
in der hellenistischen Welt eingewurzelt waren, wie eigenständig
ihr Denken, wie bibelgebunden ihre Frömmigkeit war. Denn eben
dieses dem Hellenismus so vertraute Motiv von der Bedürfnislosig-
keit Gottes ist dem gesamten Neuen Testament fremd, mit
alleiniger Ausnahme der Areopagrede! Aber schon die-
jenigen urchristlichen Schriften, die mit den späteren neutesta-
mentlichen Schriften gleichzeitig oder fast gleichzeitig sind, sich
aber durch größere Weltförmigkeit und literarischen Stil von
ihnen unterscheiden, kennen und brauchen das Motiv: I. Clemens-
brief, die Praedicatio Petri und der Apologet Aristides3. Wie diese
beiden zuletzt genannten Schriften, so verwendet auch der den Apo-
logeten nahestehende ,,Brief“ an Diognet den Gedanken in der Form
des Gegensatzpaares (s. oben S. 21): Gott schenkt uns alles, dessen
1 Quod det. pot. insid. sol. 54—56; s. oben S. 20 Anm. 5. Auch der
Unterschied zwischen dieser Stelle und der Areopagrede ist bedeutungsvoll.
Philo redet im Anschluß an Plato davon, daß die Frömmigkeit eine Bedie-
nung Gottes sei, wenn man Bedienung richtig verstehe: nicht so daß Gott
irgendein Nutzen gebracht werde (er bringe vielmehr allen Bingen Nutzen —
es ist dasselbe Gegensatzpaar, das S. 21 zu Anm. 2 erwähnt ist!), sondern
iso, daß die Menschen sich wie Sklaven dem Herrn gegenüber verhalten (ob-
wohl auch da noch ein Unterschied bleibe, s. a. a. O. § 56, weil die δεσπόται
υπηρεσίας ένδεεΐς sind, Gott aber ού χρεΐος). Die Apostelgeschichte aber
spricht von der kultischen Bedienung Gottes und verneint sie mit dem Hin-
weis auf die Bedürfnislosigkeit Gottes. Es zeigt sich dabei, daß die oben
gegebene Interpretation von θεραπεύειν richtig ist. — Vgl. über die Be-
dürfnislosigkeit Gottes sonst bei Philo: Leg. all. I 44; De Cherubim 44. 119.
123; Quod Deus sit immutabilis 56. 57.
2 Josephus, Antiqu. VIII § 111 εργοις μέν ού δυνατόν άνθρώποις άποδοΰναι
θεω χάριν ύπέρ ών εδ πεπόνθασιν' άπροσδεές γάρ το θειον απάντων καί · κρεΐττον
τοιαύτης αμοιβής. Vgl. über diese Tempelweihgebete S. 20 Anm. 6.
3 I. ciem. 52, 1 ούδέν ούδενός χρήζει εί μή το έξομολογεΐσθαι αύτφ;
•die Praedicatio Petri wurde oben S. 21 Anm. 2 als Beispiel für ein Gegensatz-
paar zitiert; derartiges findet sich auch bei Aristides 1, 4 (Goodspeed) ei
nihil opus esse, sed omnia eo egere; 1, 5 ού χρήζει κτλ.. . πάντες δέ αύτοϋ χρήζουσιν.
 
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