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Dibelius, Martin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1938/39, 2. Abhandlung): Paulus auf dem Areopag — Heidelberg, 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.41997#0035
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Paulus auf dem Areopag.

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Ziehung auf seine Auferstehung und die Verkündigung des Gerichtes
durch ihn — das sind die einzigen entschieden christlichen Ge-
danken, die den Hörern mitgeteilt werden. Und die Hörer werden
mit pädagogischer Vorsicht an diese andere Welt herangeführt.
Voran steht die Ankündigung des göttlichen Gerichts, also ein
Stück Eschatologie, das manche Religion und mancher Prediger
der Zeit ähnlich lehren mochte. Hier werden, gewiß nicht zufällig,
alttestamentliche Worte verwandt: κρίνει τήν οικουμένην έν δικαιο-
σύνη ist eine Wendung der Psalmen (LXX 9, 9; 95, 13; 97, 9).
Dann folgt die vorsichtige Einführung des Mannes, den er erwählte* 1 * * *,
ohne daß sein Name und sein Schicksal überhaupt erwähnt wer-
den, und endlich das Anstößigste von allen: die Auferstehung
dieses Mannes von den Toten. Nicht ist die Rede von Art und Sinn
seines Todes, auch nicht von der Bedeutung der Auferstehung für
den Glauben der Christen. Nur als Beweis für jenes ungenannten
Mannes Erwählung wird die Auferstehung angeführt. Dabei wird
das in der christlichen Sprache so eindeutig bestimmte Wort πίστις
in der Bedeutung ,,Beweis, Beglaubigung“ verwendet, die dem
Neuen Testament ganz fremd, der literarischen Sprache aber wohl
vertraut ist; so erhält man zum Schluß noch einmal einen Ein-
druck von der Art der Rede, die nach Ausdrucksweise wie Ge-
dankenführung ein Fremdling im Neuen Testament ist.
Das Wort von der Auferstehung ist das letzte der Rede. Es
scheint, als wenn der Spott einiger Hörer und die bedingte Zustim-
mung anderer ihr ein Ende bereiteten. Aber von gewaltsamer
Unterbrechung ist keine Rede, und in Wirklichkeit ist dieser schein-
bare Abbruch ein gern verwendetes Mittel des Autors, der das
Wichtigste am Ende bringt und durch den Widerspruch der Zu-
hörer unterstreicht (10, 44; 22, 22; 26, 24; vielleicht sind auch
5, 33 und 7, 54 so zu verstehen). Keinesfalls ist es die Meinung
des Verfassers, der Redner sei nur durch einen Zufall zu vorzeiti-
gem Abbruch getrieben worden. Die Komposition der Rede zeigt
erwarten sollte. Die Angabe 1 7, 18 aber gibt im voraus den Kommentar dazu.
Der D-Text stellt dann eine vulgärchristliche Redaktion dar, die den Namen
dorthin stellt, wo der Christ ihn erwartet, und ihn dafür in der Erzählung
17, 18 streicht.
1 Ich glaube nicht, daß man hier mit Lake eine Anspielung auf den
Titel 'Menschensohn5 finden darf. Denn für den Menschensohnglauben ist die
Parusie auf den Wolken des Himmels und die vorherige Verborgenheit be-
zeichnend; von beidem ist hier nicht die Rede. Auch wäre wohl der bestimmte
Artikel zu erwarten, wenn άνήρ den Titel Menschensohn ersetzen sollte.

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