Paulus auf dem Areopag.
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wieder und dürfen darum als Bestandteile dieses Itinerars gelten.
Diese Nachrichten sind, mit ihrer Kürze und ihrer neutralen Hal-
tung, über den Verdacht erhaben, erbauliche oder unterhaltende
Dichtung zu sein. Andrerseits sind sie nicht farbig genug, als daß
sie etwa für lokale Traditionen einzelner Gemeinden angesehen
werden könnten.
Feststellen läßt sich das Itinerar in ungefährer Abgrenzung
nur auf dem Wege der Stilkritik. Man kann die Wiederkehr· von
Angaben der genannten Art bei den einzelnen Reisestationen ver-
folgen. Man kann auch beobachten, wie diese Itinerarnotizen zu
den andern Elementen der Darstellung, den Reden wie den Einzel-
geschichten, in Spannung stehen. Kein ausreichendes Hilfsmittel
aber zur Feststellung des Rinerars liefert das Auftreten des „wir“
in der Erzählung; es ist also nicht für die sog. Wir-Stücke (16,
10—17; 20, 5—15; 21, 1—18 — die Seereise nach Rom gehört
nicht zu dem uns beschäftigenden Missionsreisebericht) eine beson-
dere Quelle anzunehmen und für die Berichte von anderen Statio-
nen eine andere (oder keine). Gegen die Auslösung einer besonderen
Wir-Quelle, wie sie die kritische Forschung auch heute noch viel-
fach vornimmt, sprechen verschiedene gewichtige Gründe. Einmal
sind die Wir-Stücke und die anderen Abschnitte lexikalisch nicht
verschieden — das hat Harnack überzeugend dargetan1. Sie sind
aber auch stilistisch nicht verschieden; man kann das z. B. an den
Stationen Philippi (16, 11—15, 1. Person) und Thessalonike (17,
1—9, 3. Person) gut beobachten: es ist dieselbe Art der Angaben,
vorgetragen in dem gleichen kurzen und unpathetischen Stil. Die
Wir-Stücke und die anderen Abschnitte sind aber auch sachlich
nicht verschieden. Wir lesen über Philippi (1. Person) wie über
Korinth dieselbe Art Angaben: wo Paulus gewohnt und wo er
gepredigt hat, wie lange er gewirkt und welchen Erfolg er geerntet
hat. Auch sind Einzelgeschichten wie Reden in gleicher Weise auf
die Wir-Stationen und die Sie-Stationen verteilt.
Natürlich kann von völlig genauer Abgrenzung des Itinerars
auf stilkritischem Wege nicht die Rede sein. Immerhin kann man
sagen, was offenbar nicht zum Itinerar gehört. Das gilt vor allem
von den in sich abgeschlossenen Erzählungen, deren Form zum
Teil noch heute verrät, daß sie gesondert in den Gemeinden weiter-
gegeben worden sind. Es sind sodann die Reden, die nach der
1 Harnack, Lukas der Arzt (1906), 19—60; Neue Untersuchungen zur
Apostelgeschichte (1911), 1—10.
4 Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., phil.-hist. Kl. 1938/39. 2. Abh.
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wieder und dürfen darum als Bestandteile dieses Itinerars gelten.
Diese Nachrichten sind, mit ihrer Kürze und ihrer neutralen Hal-
tung, über den Verdacht erhaben, erbauliche oder unterhaltende
Dichtung zu sein. Andrerseits sind sie nicht farbig genug, als daß
sie etwa für lokale Traditionen einzelner Gemeinden angesehen
werden könnten.
Feststellen läßt sich das Itinerar in ungefährer Abgrenzung
nur auf dem Wege der Stilkritik. Man kann die Wiederkehr· von
Angaben der genannten Art bei den einzelnen Reisestationen ver-
folgen. Man kann auch beobachten, wie diese Itinerarnotizen zu
den andern Elementen der Darstellung, den Reden wie den Einzel-
geschichten, in Spannung stehen. Kein ausreichendes Hilfsmittel
aber zur Feststellung des Rinerars liefert das Auftreten des „wir“
in der Erzählung; es ist also nicht für die sog. Wir-Stücke (16,
10—17; 20, 5—15; 21, 1—18 — die Seereise nach Rom gehört
nicht zu dem uns beschäftigenden Missionsreisebericht) eine beson-
dere Quelle anzunehmen und für die Berichte von anderen Statio-
nen eine andere (oder keine). Gegen die Auslösung einer besonderen
Wir-Quelle, wie sie die kritische Forschung auch heute noch viel-
fach vornimmt, sprechen verschiedene gewichtige Gründe. Einmal
sind die Wir-Stücke und die anderen Abschnitte lexikalisch nicht
verschieden — das hat Harnack überzeugend dargetan1. Sie sind
aber auch stilistisch nicht verschieden; man kann das z. B. an den
Stationen Philippi (16, 11—15, 1. Person) und Thessalonike (17,
1—9, 3. Person) gut beobachten: es ist dieselbe Art der Angaben,
vorgetragen in dem gleichen kurzen und unpathetischen Stil. Die
Wir-Stücke und die anderen Abschnitte sind aber auch sachlich
nicht verschieden. Wir lesen über Philippi (1. Person) wie über
Korinth dieselbe Art Angaben: wo Paulus gewohnt und wo er
gepredigt hat, wie lange er gewirkt und welchen Erfolg er geerntet
hat. Auch sind Einzelgeschichten wie Reden in gleicher Weise auf
die Wir-Stationen und die Sie-Stationen verteilt.
Natürlich kann von völlig genauer Abgrenzung des Itinerars
auf stilkritischem Wege nicht die Rede sein. Immerhin kann man
sagen, was offenbar nicht zum Itinerar gehört. Das gilt vor allem
von den in sich abgeschlossenen Erzählungen, deren Form zum
Teil noch heute verrät, daß sie gesondert in den Gemeinden weiter-
gegeben worden sind. Es sind sodann die Reden, die nach der
1 Harnack, Lukas der Arzt (1906), 19—60; Neue Untersuchungen zur
Apostelgeschichte (1911), 1—10.
4 Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., phil.-hist. Kl. 1938/39. 2. Abh.