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Nikolaus [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1941/42, 1. Abhandlung): Untersuchungen über Datierung, Form, Sprache und Quellen: kritisches Verzeichnis sämtlicher Predigten — Heidelberg, 1942

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https://doi.org/10.11588/diglit.42026#0026
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18

Josef Koch, Gusanus-Texte: I. Predigten, 7.

sein. Diesem Einteilungsprinzip begegnen wir oft, z. B. in den
Pr. 4, 6, 7, 8, 31, 62 und 69 (vgl. unten im Verzeichnis: ,,Secundum
consuetudinem meam . .
Die Predigt selbst verwertet nur spärlich Bibelzitate, jedoch
zahlreiche Texte aus kirchlichen Schriftstellern, vor allem aber
„argumenta“ und „exempla“1.
In Predigt 17 „Domine, in lumine vultus tui“ vom 1. Januar
1440 finden wir nur einen Satz als Einladung zum Gebet2, dann
folgt eine ausführliche Einteilung3; zunächst des Themas: „Tria
tanguntur in themate: ambulacio in lumine, exultacio in nomine,
exaltacio in iusticia.“ Man beachte Gleichklang und Rhythmus!
Dann folgen die Unterteilungen, deren erste wieder ganz nach den
Regeln der Rhetorik aufgebaut ist.
Der hier zur Verfügung stehende Raum verbietet es, die Bei-
spiele zu vermehren. Es sei nur noch auf eine Einzelheit hin-
gewiesen. Die „introductio thematis“, die in den angeführten Bei-
spielen fehlt, findet sich doch wiederholt in den Predigten. Zum
Beispiel ist in Pr. 69 nur der erste Teil ausgeführt; die beiden
andern werden mit dem Satz abgemacht: „Relique due partes
sunt in aliis huius diei sermonibus“ (V2 30rb). Dann folgt: „Primo
introductio thematis. Finis fidei nostrae“ usw. Wie ist das
zu verstehen ? Der Entwurf beginnt sofort mit der divisio thematis.
Da nun die Hinführung der Zuhörer zum Thema oft schwieriger
ist als dessen Entfaltung, so notiert Gusanus noch nachträglich
eine introductio thematis4. Dieses Beispiel zeigt natürlich auch,
daß eine verständnisvolle Edition der Predigten ohne wirkliche
Vertrautheit mit der mittelalterlichen Predigttheorie unmöglich ist.
Dabei braucht ja wohl nicht eigens betont zu werden, daß
Cu sanus die Theorie meistert, d. h. sie in aller Freiheit verwendet,
und sich von den raffinierten Künsteleien fernhält, welche Predigt
und Prediger zum Gespött werden ließen. Es finden sich bei ihm
auch neue Mittel, die Predigt anregend zu gestalten. Dazu rechne
ich vor allem die in die Predigt eingeflochtenen Dialoge (vgl. Pr. 4,

1 Aus gelegentlichen Hinweisen in den älteren Predigten ersieht man,
daß Cusanus sich früh ein eigenes Exempelbüchlein zusammengestellt hat.
2 Vgl. Pred. 6, S. 12.
3 Vgl. Pred. 6, S. 196 Anm. 1.
4 Andere Beispiele ließen sich aus den Pr. 24, 25, 56, 63 und 83 an-
führen. Auch die Erzählung in Pr. 44 hat offensichtlich den Sinn einer intro-
ductio thematis.
 
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