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Nikolaus [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1941/42, 1. Abhandlung): Untersuchungen über Datierung, Form, Sprache und Quellen: kritisches Verzeichnis sämtlicher Predigten — Heidelberg, 1942

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https://doi.org/10.11588/diglit.42026#0039
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Erstes Hauptstück: Untersuchungen, IV. Die Quellen der Predigten.

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finden sich nur noch gelegentlich solche Zitate, in den Predigten
der Brixener Zeit meines Wissens nur ein- oder zweimal.
Von diesen Quellen, die mit der beruflichen Ausbildung des
Cu sanus Zusammenhängen, sind die andern zu unterscheiden, die
er nach seinem persönlichen Geschmack gewählt hat. Ihnen kommt
naturgemäß eine besondere Bedeutung für die Ausbildung seines
eigenen Systems zu. Nun zeigen die Predigten der Frühzeit eine
weitausgespannte Belesenheit auf mancherlei Gebieten, so daß man
hier wiederum Primäres von Sekundärem und Peripherem unter-
scheiden muß. Drei Namen muß man wohl hier an die Spitze
stellen: Gerson, Bonaventura und Baimund us Lullus. Van-
steenberghe1 hat nachgewiesen, daß Cu sanus bereits um 1425
Gersons Theologia mystica und Bonayenturas Itinerarium mentis
ad Deum besessen und studiert hat. Dazu stimmt die Tatsache,
daß ersteres Werk auch in Pr. 6 benutzt wird, und daß Bona-
ventura seit Pr. 3 (hier als ,,doctor devotus“ bezeichnet) zitiert
wird. Honecker2 hat seinerseits sehr sorgfältig gezeigt, daß Cu-
sanus sich bereits Ende der zwanziger Jahre eingehend mit den
Schriften des Raimundus Lullus befaßte. Dazu stimmt, daß
dieser gleich in den Notae zur ersten Predigt (leider ohne genauere
Angaben) zitiert wird. Zu diesen Autoren, die in ihrer Dreiheit ein
Programm mystischer Theologie darstellen ■— womit freilich die
Bedeutung des Catalanen für Cu sanus nicht erschöpft ist — kom-
men nun Bernhard und die Viktoriner hinzu, wie wiederum Van-
steenberghe3 gezeigt hat. Da Bonaventura seine Mystik aus
den gleichen Quellen schöpfte, so bedeutet diese Erweiterung der
Quellen zugleich eine Vertiefung.
Auch die Väter werden in den Predigten der Frühzeit aus-
giebig zitiert; zum Teil schöpft Cu sanus hier aber aus Florilegien4
(z. B. Pr. 1 und 5), zum Teil aus Thomas5. Vieles hat er aber
1 Quelques lectures de jeunesse de Nicolas de Cues d’apres un ms. in-
connu de sa bibliotheque, Archives d’hist. doctr. et litt, du moyen äge 3 (1928),
S. 275—284.
2 Lullus-Hss. aus dem Besitz des Kardinals Nikolaus von Cues, in: Spa-
nische Forschungen 1. Reihe, Bd. VI, 1937, S. 262f., 293ff.
3 Un petit traite de Nicolas de Cues sur la contemplation, Revue des
Sciences religieuses 9 (1929), S. 378ff. V. analysiert in diesem Aufsatz die
Quellen von Pr. 10.
4 Das ergibt sich aus der Art der Zitation; mehrfach werden Sätze der
Kirchenväter und scholastischen Theologen nur mit Anführung des Namens
ohne weitere Quellenangabe zitiert.
5 Vgl. dazu Vansteenberghe in dem zuletzt genannten Artikel, S. 378f.
 
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