Metadaten

Nikolaus [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1941/42, 1. Abhandlung): Untersuchungen über Datierung, Form, Sprache und Quellen: kritisches Verzeichnis sämtlicher Predigten — Heidelberg, 1942

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.42026#0042
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
34

Josef Koch, Cusanus-Texte: I. Predigten, 7.

zitiert werden. Cusanus hat jetzt aber, wenn ich so sagen darf,
seinen eigenen Standpunkt gefunden. Nunmehr steht er den Quel-
len nicht mehr rezipierend gegenüber, vielmehr mißt er sie an
seiner Lehre von der hlocta ignorantia’ und nimmt das ihr Ent-
sprechende auf, während er Fremdes ablehnt. Wir haben es also
nicht nur mit einem Plus an Quellen, sondern auch mit einer
andern Art der Quellenbenutzung als vorher zu tun. Zur Illu-
stration sei etwa auf die dem Hauptwerk auch zeitlich sehr nahe-
stehenden Predigten 16, 17 und 18 hingewiesen.
Das starke historische Interesse, das Cusanus in ,,De concor-
dantia catholica“ offenbart, geht auch später nicht verloren. Nur
ein. Beispiel: 1444 wird er nach Mainz eingeladen, um dort die
Festpredigt zu Ehren des Mainzer Patrons Martin zu halten. Für
diese sehr sorgfältig ausgearbeitete Predigt zieht er nicht irgendein
Legendenbuch zu Rate, sondern die älteste Quelle, die es überhaupt
über das Leben dieses Bischofs gibt, die Vita S. Martini des Sul-
picius Severus. Aus ihr weiß er für alle Gruppen seiner Zuhörer,
für die Gebildeten, die einfachen Leute und die kontemplativen
Seelen, geeignete Lehren und Ermahnungen zu ziehen.
3. Über die Predigten der Legationsreise ist wenig zu
sagen. Wenn der Kardinal auch seine eigenen Entwurfbücher auf
dieser Reise mitnahm, so doch keine weitere Literatur. Infolge-
dessen sind hier Zitate äußerst spärlich, und man sieht sehr bald,
daß sie aus dem Gedächtnis angeführt werden. In sachlicher Hin-
sicht verdienen diese Skizzen, wie schon früher gesagt, besondere
Beachtung, weil sie die Frucht der Meditationen des Kardinals in
stillen Nachtstunden sind.
4. Die Predigten der Brixener Zeit haben bezüglich der
benutzten Quellen wieder ihr eigenes Gepräge. Hier stand Cusanus
seine inzwischen sehr reichhaltig gewordene Bibliothek zur Ver-
fügung, und die Notizen in manchen Cueser Hss. sowie die Korre-
spondenz mit den Tegernseer Mönchen zeigen, daß er eifrig bemüht
ist, sie zu erweitern. Anderseits nimmt das bischöfliche Amt mit
seiner vielseitigen Tätigkeit, den großen Sorgen und Schwierig-
keiten ihn ganz in Anspruch, so daß seine persönlichen Arbeiten
zurücktreten müssen, wie wohl am deutlichsten die sich so lang
hinziehende Abfassung von ,,De beryllo“ zeigt. Auch die Predigt-
entwürfe spiegeln diesen Zustand wider. In den ersten Jahren hat
er nur Zeit, kurze Skizzen niederzuschreiben, die erste längere
Predigt (139) ist vom 10. März 1454, aber erst vom Dezember 1455
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften