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Simon, Erika; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1981, 5. Abhandlung): Das Satyrspiel Sphinx des Aischylos: vorgelegt am 11. Juli 1981 — Heidelberg: Winter, 1981

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https://doi.org/10.11588/diglit.47798#0026
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Erika Simon

fühlten. Sie zäumten also wieder einmal, nach guter Satyrpsychologie,
das Pferd beim Schwanz auf. Gerade waren sie im Begriff, sich auf die
Stühle niederzulassen, da kam der große Schrecken: die Sphinx
erschien. Man hat sicher mit Recht angenommen, daß diese nicht etwa
eine Puppe war, sondern von einem Schauspieler verkörpert wurde68.
Emst Buschor würde sie zur Gattung seiner „Feldmäuse“ gerechnet
haben69, deren plötzliches Auftauchen ein beliebter Effekt des Satyr-
spiels war.
Beim Anblick der Sphinx muß sich der Chor ähnlich verhalten
haben wie beim Auftauchen der Kyllene in den Spürhunden des So-
phokles und in vergleichbaren Szenen70. Der Baum auf der Hydria Fu-
jita (Taf. 10) sagt aus, daß das Wesen für die Silene zunächst noch nicht
ganz sichtbar war - der Maler hatte es ursprünglich auch tiefer sitzen
lassen (Zeichnung a, S. 38)71. Die Silene auf der Bühne mögen zuerst
nur den Mädchenkopf erspäht haben und die Flügel. Gehörten diese
etwa der ihnen aus anderen Satyrspielen bekannten Iris?72 Ein weibli-
ches Wesen war ihnen immer willkommen, doch dieses bewegte sich
plötzlich nach Löwenweise und zeigte die furchtbaren Pranken! Da war
der unbändige Tatendrang des Chores gebremst, er schreckte zurück,
seiner Pferdenatur entsprechend, und scheute. Dieses Zurückschrecken
und Scheuen ist in unserem Fries noch deutlich zu spüren. Die Silene
sitzen im Gegensatz zu den Insignien, die ein ruhiges, aufrechtes Thro-
nen erfordern, merkwürdig nervös und lehnen sich zu weit nach hin-
ten (Taf. 12,2). Aber die allererste Angst ist schon vorbei oder besser
durch Neugier und Staunen zurückgedrängt. Alle fünf stützen die
Linke in die Seite und spitzen in der gleichen Weise das Ohr, denn das
Ungeheuer spricht.
Die berühmte Frage der Sphinx, von der man in der Versammlung
am Beginn des Stückes nur indirekt gehört hatte, erklang nun direkt.
68 Dafür spricht jetzt auch die redende Sphinx auf der Hydria Fujita.
69 E. Buschor, Feldmäuse, SBAkMünchen (1937); Guggisberg 71ff.
70 Steffen F 86, 215ff.; TrGF IV (Radt) F 314, 221ff.
71 Das ergibt sich aus der Vorzeichnung; vgl. auch Taf. 12,1. Hinter einem Bäum-
chen verbirgt sich auf Vasenbildem und anderen Denkmälern etwa Achilleus
im Troilosmythos oder Odysseus vor Nausikaa.
72 Aus Fragmenten ist die Iris des Achaios bekannt: TrGF I (Snell) 20 Achaeus F
19-23. Wie es in dem Stück zugegangen sein mag, zeigen viele Darstellungen,
die zum Teil auch früher als Achaios sind: Brommer 73 f. Nr. 28-34 b. Das
Zusammentreffen der Silene mit der Götterbotin gehörte zu den frühesten Satyr-
spielthemen. Zur Deutung dieser Vasenbilder: Simon, FS Robertson.
 
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