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Götze, Heinz; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1984, 2. Abhandlung): Castel del Monte: Gestalt, Herkunft u. Bedeutung; vorgetragen am 14. Jan. 1984 — Heidelberg: Winter, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.47813#0050
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Heinz Götze

deutet die Achtzahl als die sieben Schöpfungstage vermehrt um
den österlichen Tag des Beginns der Neuschöpfung43.
Uns Heutigen ist die ganze Schwere der Symbolkraft nicht mehr
leicht vorstellbar, die hinter solchen archetypischen Orientierun-
gen des mittelalterlichen Denkens lag. Es unterschied sich von dem
unseren insofern grundsätzlich, als nur Ideen allein wirklich waren,
Fakten und Dinge nur insoweit, als sie an der Wirklichkeit von
Ideen teilhatten44. Friedrich II. hat in Castel del Monte sein Aachen
und seinen Felsendom als Symbol seines göttlichen Auftrags
errichtet.
Die Symbolkraft des zehnfach wiederholten Achtecks von Castel
del Monte reflektiert und verbindet sich mit der Symbolkraft des
karolingischen Oktogons und der achteckigen Kaiserkrone. Ebenso
spannen sich die Bögen von der karolingischen Reichsauffassung,
die sein Großvater Friedrich I. durch die Stiftung des Leuchters
bekräftigte, und dem Sendungsbewußtsein Friedrichs II. als eines
von Gott beauftragten Hüters der weltlichen Ordnung, der Pax
Augusta. Seit der Selbstkrönung Friedrichs II. in Jerusalem tritt die
Überzeugung von der Gottunmittelbarkeit seines Auftrages immer
deutlicher in Erscheinung. Die Übertragung des christlicher Eso-
terik verbundenen Achtsterns auf den Grundriß von Castel del
Monte versinnbildlicht die Sakralisierung der staufischen Herr-
schaft45 auf überaus eindringliche Weise. Castel del Monte ist das
Symbol Friedrichs II. für die Vereinigung von Regnum und Sacer-
dotium in seiner Person.
Nun ist gelegentlich eingewandt worden, daß die einsame, von
den Hauptstraßen abgelegene Lage in der Hügellandschaft der
Murge gegen eine „offiziellere“ Bedeutung des kastellartigen
Schlosses spräche. Dies scheint mir nun in gar keiner Weise zuzu-
treffen. Die Capitanata war eine vom Kaiser besonders geliebte und
bevorzugte Landschaft. Sein Geburtsort befand sich dort - später
auch der Ort seines Todes. Die von ihm bevorzugte Residenz von
43 Staats, a.a.O. S. 27.
44 Simson, a.a.O. S. 190.
45 Hans Martin Schaller, Kaiser Friedrich II., Verwandler der Welt; Göttingen 1971,
S. 36-40 und S. 86 f.
Ferner: Derselbe, Das Relief an der Kanzel der Kathedrale von Bitonto: Ein
Denkmal der Kaiseridee Friedrichs II., deutsche Fassung eines in Archivio
Storico Pugliese 13 (1960) S. 40-60 abgedruckten Vortrages in italienischer
Sprache. Deutsch in: Stupor Mundi, Darmstadt 1966, S. 614.
 
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