Metadaten

Götze, Heinz; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1984, 2. Abhandlung): Castel del Monte: Gestalt, Herkunft u. Bedeutung; vorgetragen am 14. Jan. 1984 — Heidelberg: Winter, 1984

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.47813#0011
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Castel del Monte
Die kunstgeschichtliche Umgebung
Die Regierungszeit Friedrich II. von Hohenstaufen hat in der Ge-
schichte des römisch-deutschen Kaiserreiches und besonders im
Königreich beider Sizilien tiefe Spuren hinterlassen in politischer,
verwaltungstechnischer und kunstgeschichtlicher Hinsicht. Die
Konstitutionen von Melfi und die Gründung der ersten Staatsuni-
versität Europas in Neapel sind zwei herausragende Zeichen der
Wirksamkeit dieses genialen Kaisers - ebenso wie die wissenschaft-
liche Leistung seines umfassenden Werkes über die Falkenvögel
,De arte venandi cum avibusf Im Bereiche der Kunst, vor allem der
Baukunst, sind gleichfalls neue Wege beschritten worden. Aus den
vielfältigen Quellen seines Königreiches, eines Zentrums euro-
päischer Geschichte jener Zeit, entstanden Bauideen, die das nor-
mannisch-arabische Erbe ebenso bezeugen wie die großgriechische
Vergangenheit und die Baukunst der zisterziensischen Gotik. Eine
weiter ausholende Charakteristik dieser Architektur soll an anderer
Stelle versucht werden. Die Entwicklung jener staufischen Archi-
tektur gipfelt - und bricht zugleich ab mit dem jähen Ende der
staufischen Dynastie - in Castel del Monte, der „Krone Apu-
liens“. Dieses Bauwerk hat Aufmerksamkeit und Bewunderung
erregt, aber auch Staunen und Verwunderung - wie der Kaiser
selbst. Die architekturgeschichtliche Stellung und Deutung ist
noch immer umstritten und im Folgenden soll ein Versuch zu
ihrem besseren Verständnis gemacht werden.
Dem Grundriß von Castel del Monte (Abb. 2) liegt das aus dem
Viereck hervorgegangene Achteck zugrunde, das den Kern der
Anlage bildet, der einen achteckigen Hof einschließt und acht-
eckige Türme an den Ecken des Grundachtecks ausbildet. Das
Kastell leuchtet dem sich Nähernden wie eine märchenhafte
Erscheinung aus der Ferne entgegen und enthüllt beim Näherkom-
men immer eindrucksvollere Wirkungen - besonders wenn die
Sonne Apuliens Licht und Schatten der Plastik dieses Bauwerkes
trennt und ihre scharfen Umrisse zu erkennen gibt. Die ästhetische
Faszination liegt in der Wirkung der mit einem Kristall vergleich-
baren Bündel achteckiger Prismen, die aus dem Boden wachsen.
Diese kristallhafte Form verleiht dem Bau eine naturhafte Kraft.
Zwar werden wir die in den sizilischen Kastellen sowie in Lucera
und Capua aufleuchtenden charakteristischen Eigenschaften der
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften