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Götze, Heinz; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1984, 2. Abhandlung): Castel del Monte: Gestalt, Herkunft u. Bedeutung; vorgetragen am 14. Jan. 1984 — Heidelberg: Winter, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.47813#0037
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Castel del Monte

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architektonischen Bedeutung. Das starke Interesse Friedrichs II. an
der Baukunst ist - wir erwähnten es bereits - vielfach belegt und
spricht nicht zuletzt aus der Originalität und Schönheit der archi-
tektonischen Entwürfe seiner Kastelle und Schlösser in Unter-
italien selbst.

Die Konstruktion des Grundrisses
Bei der Betrachtung der Kuppelgewölbe von Cordoba war darauf
hinzuweisen, daß den Spitzen des Achtsterns eine statische Auf-
gabe zufiel: in ihnen sammelte sich - zumindest optisch - die Last
der Kuppel. Sie waren die Kraftlinien, die die Last auf die Säulen
oder Pfeiler in den inneren Winkeln des darunter befindlichen
Achtecks übertrugen - ähnlich wie die gotischen Rippen und
Dienste. Diese statische Funktion war selbst in der späteren de-
korativen Verwendung des Achtsternmotivs in Mechne (s. Abb. 5)
noch sichtbar. In San Vitale, Ravenna, enden die Spitzen der
Grundrißfigur des Achtsterns wiederum an statischen Knoten-
punkten: den acht tragenden Pfeilern der Außenmauer. Dasselbe
geschieht am Grundriß des Felsendomes in Jerusalem (s. Abb. 13).
Die Spitzen des zugrundegelegten Achtsternes laufen in den acht
Pfeilern zusammen, die das gewaltige Dach tragen - zugleich
engstens verknüpft mit vier inneren Knotenpunkten des Acht-
sterns, d. h. mit den Ecken eines der zugrundeliegenden Haupt-
quadrate! Hier wird einerseits die magische Kraft des Achtsterns
beschworen, die den heiligen Bau von seinem Grundriß her durch-
dringen soll. Zugleich verwirklicht dieser Grundriß die Geometrie
des Achteckes, das den Bau nicht nur in seiner äußeren Gestalt
bestimmt, sondern von innen her strukturiert.
Das gleiche gilt nun erstaunlicherweise in abgewandelter, aber
eher noch entschiedenerer Form bei Castel del Monte (Abb. 16).
Das innere Achteck des Sterns mit den acht Knotenpunkten - siehe
oben Seite 40 ,B‘ - bildet den Hof des Schlosses, während die Spit-
zen des Achtsternes, die als Knotenpunkte von Kraftlinien aus dem
Inneren der Achteckkonstruktion vorstoßen (s. oben S. 40 ,C‘), die
statischen Mittelpunkte der acht, in homoiomorpher Symmetrie
mit dem Grundbau verbundenen Ecktürme bilden - die Schönheit
der Mathematik könnte nicht geistreicher und vollkommener zum
Ausdruck gebracht werden!
 
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