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Hengel, Martin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1984, 3. Abhandlung): Die Evangelienüberschriften: vorgetragen am 18. Oktober 1981 — Heidelberg: Winter, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.47814#0019
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Die Evangelienüberschriften

17

Auch die äußerst umstrittene, im Grunde kritische Doppelnotiz
aus dem etwa um 120 oder 130 entstandenen Werk des Papias von
Hierapolis33, „Die Auslegung der Herrenworte“, über die Entstehung
des Markus- und Matthäusevangeliums erklärt sich am besten aus dem
Vorhandensein der Evangelienüberschriften. Obgleich in den beiden
kurzen Zitaten in Eusebs Kirchengeschichte der Begriff εύαγγέλιον
selbst nicht erscheint, da Papias darin lediglich von Markus und Mat-
thäus als Autoren spricht, werden die beiden Notizen Eusebs für
den Leser nur verständlich, wenn er um die Zuschreibung der Evan-
gelien an die Verfasser weiß, d.h. bereits Papias setzt diese voraus34.
Nach dem Zitat Eusebs geht die Nachricht über Markus noch eine
Generation weiter auf den rätselhaften Presbyter Johannes zurück,
den der phrygische Bischof in seinem Werk häufig als Gewährsmann
zitiert35, das bedeutet auf eine Zeit zwischen ca. 80 und 100 n.Chr.
Dies macht die heute beliebte Ableitung36 der papianischen Markus-
notiz aus dem 1. Petrusbrief 5,13:
„Es grüßt euch die miterwählte Gemeinde in Babylon und Markus, mein Sohn“
unmöglich, da der 1. Petrusbrief, den Papias kannte, als Pseudepi-
graphon aus der Zeit Domitians selbst fast gleichzeitig mit dem Pres-
byter anzusetzen ist. Petrusbrief und Presbyter verfügen vielmehr
beide über dieselbe ältere Überlieferung. Der Anfang der Markus-
notiz lautet:
„Und dies sagte der Presbyter: Markus war der Dolmetscher des Petrus und
schrieb sorgfältig auf, soweit er sich dessen erinnerte - freilich nicht in der
richtigen Ordnung was vom Herrn gesagt oder getan worden war...“.
Auch die noch rätselhaftere Nachricht über Matthäus, die Euseb un-
mittelbar folgen läßt, könnte auf den Presbyter zurückgehen:
„Matthäus verfaßte die Logien in hebräischer Sprache, jeder übersetzte sie
aber, wie er dazu in der Lage war“.

33 Zu den Papiasnotizen Euseb, h.e. 3,39,15f. s. Μ. Hengel, Probleme des Markus-
evangeliums, in: Das Evangelium und die Evangelien, hg. von P. Stuhlmacher,
WUNT 28, 1983, 244-252 (Lit.).
34 S. dazu das Zitat bei H. v. Campenhausen o. Anm. 4.
35 Euseb, h.e. 3,39,7: Αριστίωνος δέ και τοϋ πρεσβυτέρου Ίωάννου αύτήκοον έαυτόν
φησι γενέσϋαι; 14f: και άλλας δέ τή ιδία γραφή παραδίδωσιν Αριστίωνος ... καί
του πρεσβυτέρου Ίωάννου παραδόσεις. Darauf folgt die Markusnotiz mit der Ein-
leitung: καί τοϋϋ’ ό πρεσβυτερος έλεγεν.
36 Dazu Μ. Hengel, ορ. cit. (Anm. 33) 246 Anm. 56.
 
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