Metadaten

Hengel, Martin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1984, 3. Abhandlung): Die Evangelienüberschriften: vorgetragen am 18. Oktober 1981 — Heidelberg: Winter, 1984

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.47814#0032
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
30

Martin Hengel

Um die Zeitenwende wurden die allermeisten Bücher - vor allem,
wenn sie vervielfältigt wurden und für den Buchhandel bestimmt
waren - bereits vom Verfasser mit einem Titel versehen. Es gab
jedoch Ausnahmen, denn der Drang, an die literarische Öffentlich-
keit zu treten, gehörte nicht zu jedermanns Ehrgeiz. So betont Galen
in seiner Schrift „Über die eigenen Bücher“, daß er seine Werke
„ohne Überschrift den Freunden oder Schülern gab“, da er „nichts
zum Zweck der Veröffentlichung“ schrieb, „sondern für diejenigen,
die darum gebeten hatten, eine Erinnerung an das Gehörte zu er-
halten“. Weil er seine Schriften so titellos an die Schüler weitergab,
habe später, als sie dann dennoch verbreitet wurden, ihnen Jeder
einen anderen Buchtitel beigelegt“. Wie wenig Wert Galen auf die
Titel legte, ergibt sich daraus, daß er sie selbst nicht einheitlich
zitierte67.
Buchtitel als „Sachbezeichnung“, so zahlreiche Hinweise auf einzelne Profeten-
bücher, auf die „Bücher der Profeten“ oder „der Thora“ (CD 7,15.17) bzw. das
„Buch Moses“ (2Q 25,1,3) und „das Buch der Thora“ (CD 5,2 vgl. 6Q 9,21,3)
und andere Werke, etwa das Jubiläenbuch CD 16,3: spr hlqwt h'tym = „Buch der
Einteilungen der Zeiten“ oder das rätselhafte spr hhgw(y) IQSa 1,7 u.ö. Zum Teil
erscheinen diese Buchtitel als Anfangszeile eines Werkes (1QS 1,1: spr srk hyhd).
Die äußere Kennzeichnung der Schriftrollen geschah durch eine äußere Bezeich-
nung auf der Rolle, eine solche hat sich in zwei Fällen erhalten, 1) in den
«Paroles des luminaires» DJD VII, Qumrän Grotte 4 III (ed. Μ. Baillet) 1982,
p. 138 4Q 504 fr. 8 verso = pl XLIX mit dem Titel: dbty hm’rwt. Mit fr. 8 verso
beginnt die Rolle. Der Titel steht quer zum Text der Rolle auf der Innenseite.
2) Ein besonderes “handle sheet” erscheint bei J. T. Milik DJD I, Qumran Cave I,
1955 S. 107 = pl. XXII, es gehört zu der Rolle mit der Sektenregel 1QS und
Sa und Sb und war, wie gewisse Spuren zeigen, außen an diese angenäht. Auch
in lQJesa sind solche Spuren vorhanden. Ich zitiere das Expose von H. Stege-
mann: „Rollte man die Schriftrolle mit dem Textanfang außen und dem Text-
schluß innen, wie es sich für eine ordentliche 'Bibliothek’ gehört, dann fand sich
diese Beschriftung außen, begann etwa 3 cm vom unteren Rollenrand entfernt
und verlief dann auf dem Rollenrücken so, daß man sie unmittelbar lesen konnte,
wenn man die mit dem Oberteil nach hinten im Regal liegende Schriftrolie her-
auszog und vor sich hielt.“ - Die Beschriftung der Rolle, die die Sektenregel ent-
hielt, lautet [,sv]k hyhd wmn\. Sie enthielt offenbar eine „Inhaltsangabe“, die mehrere
Werktitel umfassen konnte. Auffallend ist, daß in Qumran - ganz im Gegensatz
zum Geist der Zeit - die individuelle Persönlichkeit des Autors noch keine Be-
deutung besitzt. Eine Ausnahme machen nur die inspirierten Verfasser der heiligen
Schriften.
67 E. Nachmanson, op. cit. (Anm. 60) 25 vgl. 27f. die Änderungen des Porphyrios
bei der Herausgabe der Schriften Plotins. Auf die Galenstelle im Zusammenhang
mit den Evangelientiteln hatte schon J. Wettstein, op. cit. (Anm. 10) 224 hin-
gewiesen.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften