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Hengel, Martin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1984, 3. Abhandlung): Die Evangelienüberschriften: vorgetragen am 18. Oktober 1981 — Heidelberg: Winter, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.47814#0048
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Martin Hengel

geschmückt wurde107. Auch dieser Brauch des Austauschs und der
Verbreitung von Schriften geht schon in die Zeit der paulinischen
Mission zurück108. Ein relativ einheitliches Briefformular weist dabei
einerseits auf die gottesdienstliche Lesung dieser Briefe wie auf den
erwähnten feststehenden Schreiberbrauch hin, durch den u.a. auch die
Einheit der christlichen Gemeinden zum Ausdruck kam. Die äußere
Gestalt des im Gottesdienst verlesenen inspirierten Wortes war nicht
völlig gleichgültig. C. Andresen wird mit seiner Meinung recht haben,
daß dieser intensive Botenverkehr mit Austausch von Briefen und an-
deren Schriften samt deren Verlesung im Gottesdienst auf Gewohn-
heiten der jüdischen Diasporagemeinden zurückgeht109.
Im Hirten des Hermas erhält der Seher den Auftrag, von dem ihm
offenbarten Himmelsbrief zwei Abschriften zu machen und eine
davon an Clemens zu geben, er solle sie „an die auswärtigen Städte
senden, denn das sei seine Aufgabe“110. Hier stoßen wir m.E. auf den
107 Mart. Polyk. Prol. = Euseb, h.e. 4,15,3. Vgl. Mart. Polyk. 22,2f. Die Notizen,
etwa bei dem Hinweis auf den berühmten Irenäus und auf (Pseudo-)Pionius,
mögen z.T. fiktiven Charakter haben, aber sie zeigen dennoch, wie derartige
Schriften abgeschrieben, dabei verändert und weiter verbreitet wurden, s. dazu
H. v. Campenhausen, Bearbeitungen und Interpolationen des Polykarpmartyriums,
SAH P.H 1957, 5-48 = in: Aus der Frühzeit des Christentums, 1963, 253-301
(291f.). Seine Gesamtrekonstruktion scheint mir freilich nicht durchgehend über-
zeugend zu sein, s. dazu B. Dehandschuter, Martyrium Polycarpi. Een literair-
kritische Studie, BEThL 52, 1980, 139ff. Zur Briefform s. 157ΙΓ. Die Gestalt
eines Briefes hat auch der Bericht der Gemeinde in Lugdunum und Vienna über
die Verfolgungen des Jahres 177 an die Gemeinden in Asien und Phrygien,
Euseb, h.e. 5,1,3.
108 Kol 4,16; Clemens Romanus zitiert in Rom nicht nur aus dem Römer-, sondern
auch aus dem 1. Korinther- und Philipperbrief (vgl. 47,1-3; 37,5; 49,5); Polykarp
ad Phil. 7,1 nicht nur aus dem Corpus Paulinum, sondern auch aus 1 Joh 4,2f.
(bzw. 2 Joh 7) sowie mindestens dreimal aus 1 Petrus (1,2 = 1,8; 8,1 = 2,22;
10,2 = 2,12). Beide Briefe waren auch Papias bekannt s.o. 39 Anm. 93.
109 Vgl. C. Andresen, Die Kirche der alten Christenheit, 1971, 43f. Beim Brief-
formular fällt die Betonung der „Fremdlingschaft“ auf: vgl. 1 Petr 1,1 (παρεπίδημοι);
1 CI. inscr., Polyc. phil. inscr., Mart. Polyc. inscr., Mart. Lugd. inscr. = Euseb,
h.e. 5,1,3 (παροικεΐν); vgl. auch den Brief des Dionysios von Korinth και τή
έκκλησία δε τη παροικούση Γόρτυναν άμα ταΐς λοιπαΐς κατά Κρήτην παροικίαις
έπιστείλας, ... και τή έκκλησία δέ τή παροικούση Άμαστριν άμα ταΐς κατά Πόντον
Euseb, h.e. 4,23,5f. Euseb zitiert hier m.E. aus der Inscriptio.
110 Hermas hatte den Himmelsbrief von der Greisin (der präexistenten Kirche) nach
deren Frage: „kannst du dies den Auserwählten verkündigen“ und auf seine Bitte
hin erhalten und denselben abgeschrieben (5,3f. = vis 2,l,3f.). In einer Zusatz-
vision fragt ihn ein Jüngling, ob er das Schriftstück schon den Ältesten der Ge-
 
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