Zeit und Geschichte bei Augustin
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haupt in den Bekenntnissen fehlt nicht nur „imago aeternitatis“, son-
dern auch alles, was irgendwie in die Nähe einer solchen Vorstellung
gerückt werden könnte.
(Zu 2) Bei Plotin ist Zeit trotz ihres Auseinander und Nacheinander
eine Einheit in Analogie zum ewigen Sein. Bei Augustin dagegen ist
die Zeit - er fragt nach „tempus“ - ,Zeiten4: „tempora“ und als solche
keine Einheit, sondern Vielheit, Zerstreuung, Zerrissenheit: „at ego in
tempora dissilui“ (conf. 11,29,39). Flaschs Formulierung: Die Zeit „ist
(das) Abbild (der Ewigkeit), indem sie deren Einheit vervielfältigt“91
wäre also eher so zu wenden: Die Zeit ist nicht Abbild der Ewigkeit,
weil sie nicht Einheit, sondern Vielheit ist. “The unity/plurality con-
trast (is) basic to (St. Augustine’s) understanding of time and eternity”
(O’Daly)92.
(Zu 3) Plotins Zeit ist die dialektische Einheit von schlechter
Abkünftigkeit aus und guter Hinkünftigkeit auf Ewigkeit hin. Die
Selbstverzeitlichung der Weltseele (Eauvfjv expövcdgev) ist eine Folge
ihrer TroAvjrpayiioavvri, welche die öidaxaau; Cwrjc; in der Bewegung
mit sich bringt. Ihr Fall aus dem Sein geschieht infolge der gleichen
TTÄsovE^ia, die auch ihr Streben sic; tö ekeitcx äst xai tö üaiEpov (enn.
III, 7,11,16f.), also die Dynamik der Zeit erzeugt. Zeit ist gerade darin
Abbild der Ewigkeit, daß sie wie diese werden will; sie hat ihr Wesen
darin, immer etwas „hinzuerwerben“ zu wollen (enn. III 7,11, 57: äsi
7tpooxrwp.Evov; vgl. 4,20). Die Welt eilt daher auf das Künftige hin und
will nicht stillestehen, sie zieht das Sein an sich und bewegt sich „in
einem Streben nach Sein“ (EtpcoEi tivi oüaiaq; vgl. 4, 29-31). All das
findet man bei Augustin nicht.
(Zu 4) Mit der Dialektik von Verlust der Ewigkeit und Streben nach
Ewigkeit fehlt der augustinischen Zeitlehre auch die so begründete
Gerichtetheit und Dynamik der plotinischen Zeit. Während z. B.
spricht natürlich ohne weiteres mit Gen 1,26f. vom Menschen als „imago Dei“). -
Duchrow, Sog. psycholog. Zeitbegriff A. s, S. 282 mit Anm. 26 nennt unter Hinweis
auf W. Verwiebe, Welt und Zeit bei Augustin, Leipzig 1933, S. 79ff. außer den drei
angegebenen Stellen noch De vera relig. (389-391 n. Chr.) 42. Das ist in dieser Form
ein Versehen, wie die Überprüfung von De vera relig. VIII 14,42; XXII 42,114f. und
XLII19, 224-227 ergab; Verwiebe, a. O. nennt die Stelle nicht.
91 Flasch, Augustin, S. 280.
92 O’Daly, Distentio, S. 270.
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haupt in den Bekenntnissen fehlt nicht nur „imago aeternitatis“, son-
dern auch alles, was irgendwie in die Nähe einer solchen Vorstellung
gerückt werden könnte.
(Zu 2) Bei Plotin ist Zeit trotz ihres Auseinander und Nacheinander
eine Einheit in Analogie zum ewigen Sein. Bei Augustin dagegen ist
die Zeit - er fragt nach „tempus“ - ,Zeiten4: „tempora“ und als solche
keine Einheit, sondern Vielheit, Zerstreuung, Zerrissenheit: „at ego in
tempora dissilui“ (conf. 11,29,39). Flaschs Formulierung: Die Zeit „ist
(das) Abbild (der Ewigkeit), indem sie deren Einheit vervielfältigt“91
wäre also eher so zu wenden: Die Zeit ist nicht Abbild der Ewigkeit,
weil sie nicht Einheit, sondern Vielheit ist. “The unity/plurality con-
trast (is) basic to (St. Augustine’s) understanding of time and eternity”
(O’Daly)92.
(Zu 3) Plotins Zeit ist die dialektische Einheit von schlechter
Abkünftigkeit aus und guter Hinkünftigkeit auf Ewigkeit hin. Die
Selbstverzeitlichung der Weltseele (Eauvfjv expövcdgev) ist eine Folge
ihrer TroAvjrpayiioavvri, welche die öidaxaau; Cwrjc; in der Bewegung
mit sich bringt. Ihr Fall aus dem Sein geschieht infolge der gleichen
TTÄsovE^ia, die auch ihr Streben sic; tö ekeitcx äst xai tö üaiEpov (enn.
III, 7,11,16f.), also die Dynamik der Zeit erzeugt. Zeit ist gerade darin
Abbild der Ewigkeit, daß sie wie diese werden will; sie hat ihr Wesen
darin, immer etwas „hinzuerwerben“ zu wollen (enn. III 7,11, 57: äsi
7tpooxrwp.Evov; vgl. 4,20). Die Welt eilt daher auf das Künftige hin und
will nicht stillestehen, sie zieht das Sein an sich und bewegt sich „in
einem Streben nach Sein“ (EtpcoEi tivi oüaiaq; vgl. 4, 29-31). All das
findet man bei Augustin nicht.
(Zu 4) Mit der Dialektik von Verlust der Ewigkeit und Streben nach
Ewigkeit fehlt der augustinischen Zeitlehre auch die so begründete
Gerichtetheit und Dynamik der plotinischen Zeit. Während z. B.
spricht natürlich ohne weiteres mit Gen 1,26f. vom Menschen als „imago Dei“). -
Duchrow, Sog. psycholog. Zeitbegriff A. s, S. 282 mit Anm. 26 nennt unter Hinweis
auf W. Verwiebe, Welt und Zeit bei Augustin, Leipzig 1933, S. 79ff. außer den drei
angegebenen Stellen noch De vera relig. (389-391 n. Chr.) 42. Das ist in dieser Form
ein Versehen, wie die Überprüfung von De vera relig. VIII 14,42; XXII 42,114f. und
XLII19, 224-227 ergab; Verwiebe, a. O. nennt die Stelle nicht.
91 Flasch, Augustin, S. 280.
92 O’Daly, Distentio, S. 270.