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Schmidt, Ernst A.; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1985, 3. Abhandlung): Zeit und Geschichte bei Augustin: vorgetragen am 14. Juli 1984 — Heidelberg: Winter, 1985

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https://doi.org/10.11588/diglit.47817#0091
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Zeit und Geschichte bei Augustin

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3. Kapitel
Kritik allgemeiner Denkmuster geschichtsphilosophischer
Deutung (II): Modelle der Vermittlung von Einheit (Welt-, Ziel-
geschichte) und Zweiheit (die beiden „civitates“)
(1) Kampf des Glaubens und des Unglaubens
In den von Goethe in die „Noten und Abhandlungen [...]“ zum
Divan aufgenommenen Untersuchungen „Israel in der Wüste“ steht
der Satz: „Das eigentliche, einzige und tiefste Thema der Welt- und
Menschengeschichte [... ] bleibt der Conflict des Unglaubens und des
Glaubens“82. Dieser Satz ist in den Schriften der neueren Auslegungs-
geschichte von „De civitate Dei“ unvermeidlich anzutreffen. Da hin-
eingebracht hat ihn, zwar gerade in der Intention, die geschichtsphilo-
sophische Interpretation des augustinischen Werkes abzuwehren, aber
dennoch in eindeutig geschichtsphilosophischer Wendung, Heinrich
Scholz mit dem Titel seines Buches: „Glaube und Unglaube in der
Weltgeschichte“, Leipzig 1911; das Prinzip der Weltgeschichte bei
Augustin sieht er in der „Sieghaftigkeit der gottbefreundeten und (der)
Selbstzersetzung der gottverfeindeten Mächte“ (S. lf.). Während
Salin, Civitas Dei, S. 175 und 239 den Kampf des Glaubens und Un-
glaubens als Thema Augustins ablehnen muß und ablehnt, folgt die
geschichtsphilosophische und protestantische83 Augustindeutung dem
Harnackschüler Scholz. Bei Gent, Raum u. Zeit, S. 42 liest man:
„Auch für ihn (sc. Augustin) ist die Geschichte ein sich zwischen Welt-
schöpftmg und Weltgericht abspielender, also zielstrebiger Prozeß, ein
Kampf zwischen Glaube und Unglaube“. Blochs Übernahme der For-
mulierungen von Scholz habe ich bereits zitiert84. Löwith, Weltge-
schichte, S. 184 (156) sagt: „So ist die eigentliche Geschichte ein
beständiger Kampf zwischen Glaube und Unglaube“85; S. 183 (156):
„Das eigentliche Geschehen der Geschichte, die universal ist, weil sie
von einem einzigen Gott zu einem einzigen Ziel gelenkt wird, ist der
Kampf zwischen der civitas Dei und der civitas terrena“. Jaspers for-
muliert: Das „Resultat war die Vorstellung der gesamten Weltge-
82 JA, Bd. 5, S. 247 oder Goethe, West-Östlicher Divan; 2.Noten und Abhandlungen
zu besserem Verständnis des West-Östlichen Divans, hrsg. v. E. Grumach, Berlin
1952, S. 123 (Werke Goethes, hrsg. v. d. Deutschen Ak. d. Wiss. zu Berlin).
83 Vgl. aber auch Bernheim, Zeitanschauungen, S. 103.
84 Vgl. o. S. 73.
85 Unter Hinweis auf Goethe in Anm. 20 auf S. 184 (224).
 
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