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Schmidt, Ernst A.; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1985, 3. Abhandlung): Zeit und Geschichte bei Augustin: vorgetragen am 14. Juli 1984 — Heidelberg: Winter, 1985

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https://doi.org/10.11588/diglit.47817#0065
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Zeit und Geschichte bei Augustin

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Augustin hat mit der Behandlung des Zeitproblems in den
Bekenntnissen nicht schlechthin eine Theorie der Existenz des Men-
schen, verstanden als Zeitlichkeit, geben wollen. Im meditierenden
Reden vor Gott war die zeitliche Bedingtheit menschlichen Erkennens
gegenüber dem zeitenthobenen Wissen Gottes und seiner ewigen
Wahrheit als die paradoxe Grundkonstellation von „confessio“ ein
naheliegender, ja geradezu herausfordernder Gegenstand für die
Reflexion. Augustins personaler Zeitbegriff hat seine Kraft und seine
Grenze in der Konstellation, die der Dialog des bekennenden und
erkennenden Menschen mit einem ewigen Du bildet133. Dabei darf
die Grenze nicht zu eng gedacht werden: die Zeitlichkeit des Wissens
prägt das menschliche Dasein in der Welt entscheidend.
Die Voraussetzung Elusserls, bei Augustins Zeittheorie handle es
sich um „deskriptive Psychologie“ oder „Erkenntnistheorie“134, klärt
den Charakter der Bekenntnisse in literarischer und theologischer Hin-
sicht; sie ist hier eben auch aus solchem Interesse wiedergewonnen135
worden.

133 Die Dialogsituation verstehe ich nicht mit Berlinger als dialogische Fundierung
einer personalen Ontologie, weshalb auch seine „triadische Innerlichkeit“ als „zeit-
liches Bild der Wahrheit“ nur scheinbar der obigen Interpretation ähnelt (vgl. Ber-
linger, A.s dialog. Metaphysik, passim und S. 156).
134 Husserl, Zeitbewußtsein, S. 2/368.
135 Mit ihrer „Einseitigkeit“ hatte Heidegger im Sommersemester 1921 in seiner Vor-
lesung über Augustinus und den Neuplatonismus „gebrochen“: so formuliert
Flasch, Augustin, S. 267.
 
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