Metadaten

Schmidt, Ernst A.; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1985, 3. Abhandlung): Zeit und Geschichte bei Augustin: vorgetragen am 14. Juli 1984 — Heidelberg: Winter, 1985

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.47817#0072
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
70

Ernst A. Schmidt

jedoch Augustin evolutionäre Schöpfungstheologie (im Sinn Teilhards
de Chardin) als Geschichtstheologie zuzuschreiben - und die
Geschichte bei Augustin daher von einer diesseitigen Sozialutopie im
Einklang mit seiner Wirkung auf die mittelalterliche Ketzer-
geschichte15 bestimmt gesehen.
Im vierten Teil („Konstruktion“) von „Das Prinzip Hoffnung“ ist,
„unter den eigentlichen, nämlich den Plan- oder Grundrißutopien“,
(S. 12), „Augustins Gottesstaat aus Wiedergeburt“ - so der Titel -
behandelt (S. 582-590), nach „Bibel und Reich der Nächstenliebe“
und vor „Joachim di Fiore, drittes Evangelium und sein Reich“, sowie
noch einmal später unter der Überschrift „Augustin und Zielge-
schichte; Leibniz und die Welt als Erhellungsprozeß“ (S. 1000ff.).
Während die Grundbehauptung des ersten Abschnitts, die Diesseitig-
keit des Gottesstaats am Ende der Geschichte, im Abschnitt über Joa-
chim di Fiore wieder zurückgenommen wird, indem Bloch dem Status
der Utopie Joachims, „historische Zukunft“ zu sein, augustinische
„Transzendenz“, „Vertröstung“ und „Jenseits“ (S. 592f.) gegenüber-
stellt, denkt der zweite16 Abschnitt Augustin ausdrücklich gegen seine
Intention (bzw. aus der angeblichen Intention seiner Perspektive) und
d. h. von der Wirkung her: „Doch ist gerade diese (sc. die fortschrei-
tende, in der Sache geschehende Lichtentzündung, die der Geschichts-
prozeß ist), bei aller Ablehnung menschlicher Hybris, in Augustins
Perspektive intendiert und hat - zwar nicht in der Kirchengeschichte,
gewiß nicht, wohl aber in die Ketzergeschichte hineingewirkt. Am
allermeisten mit der Gerichtetheit der Zeit, als einer heilsgeschichtlich
nicht umkehrbaren, [...]. Wonach denn diese Gerichtetheit gerade bei
dem größten Ernstnehmer des Augustinischen Gottesreichs wieder
lebendig geworden ist, bei Joachim di Fiore, [...]. Und es wirkt in die-
ser Gerichtetheit der Augustinische Satz von der Wiederherstellung
des menschlichen [sic!]17 Ebenbildes am Ende der Geschichte, wel-

15 Bloch, Prinzip Hoffnung, S. 590, S. 1003.
16 Einmal so auch bereits im ersten Abschnitt; vgl. Bloch, Prinzip Hoffnung, S. 590:
„Das (sc. das utopische Wort „Dies septimus nos ipsi erimus“) ist eine Art Trans-
zendenz, die, wenn sie im Menschen durchgebrochen ist, zugleich, gegen Augustins
Abrede (Kursive EAS), den Willen erregt, selber den Durchbruch vollzogen zu
haben“.
17 Druckfehler oder Schreibflüchtigkeit; gemeint ist - vgl. S. 587 - die Wiederherstel-
lung des göttlichen Ebenbildes im Menschen.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften