Das illuminierte Buch
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stin der Mongolen" identisch sein dürfte, ließ auf diese Weise ein Geschenk
an das Chorakloster auszeichnen145.
Wenn sich also die Stifter dieser und vieler anderer Handschriften so offen-
sichtlich bemühten, ihr Verdienst herauszustellen, warum waren sie dann
gerade bei den besonders wertvollen Codices mit Miniaturen so diskret? Zum
Verständnis dieses Sachverhalts mag die Überlegung beitragen, daß vor-
wiegend kirchlich-religiöse Texte illuminiert wurden, also sakrale Bücher,
hinter denen fromme Anliegen standen. Beides, der sakrale Text wie auch die
fromme Gesinnung des Stifters, mag bei der Anonymität eine Rolle gespielt
haben. Die kulturellen Ambitionen des Byzantiners lagen auf einem anderen
Gebiet. Sie waren literarischer oder philologischer Natur und galten mehr dem
guten korrekten Text und dem ästhetischen Reiz eines schönen Schriftbildes 146.
Die Malerei war dagegen für den Byzantiner in dieser Zeit mehr oder weniger
gleichbedeutend mit Ikonenmalerei. Er gab sie in seinem Eigenkloster entweder
als Wandbild oder als Tafelbild, nicht selten mit Votivcharakter, in Auftrag.
Sie war ihm in dieser religiösen Bindung ebenso geläufig wie als 'Urkunde', die
er in den beiden Funktionen des Stifter- und des Grabporträts zu benutzen
gewohnt war. In diesem Zusammenhang, gemeinsam mit den Ikonen und
solchen 'Urkunden', trat nun die Bildhandschrift in seinen Gesichtskreis.
Das gleiche Eigenkloster, das er mit Wandbildern und Ikonen ausstattete,
bedurfte auch der liturgischen Handschrift, der sich der Ktitor schließlich selbst
bediente, als Teilnehmer am Gottesdienst wie beim privaten Gebet. Es ist
diese Handschriftengattung, in der wir normalerweise einen Bildschmuck an-
treffen, und sie ist es auch, in welcher der Stifter in der Regel - aber keineswegs
immer - anonym blieb. Um uns über sein Selbstverständnis zu informieren,
steht uns damit allein die Minderheit unter den erhaltenen Codices zur Verfü-
gung, in der sich der Stifter entweder durch das Porträt oder durch den Wid-
mungstext zu erkennen gibt.
Bevor wir diese Zeugen befragen, ist es jedoch notwendig, unsere Hand-
schriftengattung von zwei anderen zu unterscheiden, von den Rechtsurkunden
145 Der Text des 48 zeiligen Dedikationsgedichtes bei N. P. Papageorgiu, in Byz. Zeitschrift 3,
1894, 325ff. Die Handschrift, die diesen Text trug, befand sich zu dieser Zeit noch im Prodro-
mos-Kloster in Serres als Cod. Nr. 10. Sie wurde 1917 von den Bulgaren mitgeführt, fehlte aber
dann unter den 252 Codices aus Serres, die 1924 von den Bulgaren restituiert und der National-
bibliothek sowie dem Byzantinischen Museum zu Athen einverleibt wurden: vgl. Germanos
(Strinopulos), in Neos Poimen 2, 1920, 196ff. Nr. 2. Papageorgiu setzte sie aus paläographi-
schen Gründen in das 11. Jahrhundert. Die Dedikationsverse standen in roter Tinte auf dem
letzten Blatt. Die Stifterin, Maria Komnene Palaiologina, wurde darin als f |TAG 'Ewag ßaatkig
vorgestellt, so daß sich diese Identifizierung mit der Despotin der Mongolen, einer Halb-
schwester Andronikos' II., anbot, die wir als Patronin des Choraklosters kennen. Zu ihrer
Person vgl. Papadopoulos, op. cit. wie Anm. 103, Nr. 54.
146 Vgl. dazu S. 1 mit Anm. 1 und 2.
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stin der Mongolen" identisch sein dürfte, ließ auf diese Weise ein Geschenk
an das Chorakloster auszeichnen145.
Wenn sich also die Stifter dieser und vieler anderer Handschriften so offen-
sichtlich bemühten, ihr Verdienst herauszustellen, warum waren sie dann
gerade bei den besonders wertvollen Codices mit Miniaturen so diskret? Zum
Verständnis dieses Sachverhalts mag die Überlegung beitragen, daß vor-
wiegend kirchlich-religiöse Texte illuminiert wurden, also sakrale Bücher,
hinter denen fromme Anliegen standen. Beides, der sakrale Text wie auch die
fromme Gesinnung des Stifters, mag bei der Anonymität eine Rolle gespielt
haben. Die kulturellen Ambitionen des Byzantiners lagen auf einem anderen
Gebiet. Sie waren literarischer oder philologischer Natur und galten mehr dem
guten korrekten Text und dem ästhetischen Reiz eines schönen Schriftbildes 146.
Die Malerei war dagegen für den Byzantiner in dieser Zeit mehr oder weniger
gleichbedeutend mit Ikonenmalerei. Er gab sie in seinem Eigenkloster entweder
als Wandbild oder als Tafelbild, nicht selten mit Votivcharakter, in Auftrag.
Sie war ihm in dieser religiösen Bindung ebenso geläufig wie als 'Urkunde', die
er in den beiden Funktionen des Stifter- und des Grabporträts zu benutzen
gewohnt war. In diesem Zusammenhang, gemeinsam mit den Ikonen und
solchen 'Urkunden', trat nun die Bildhandschrift in seinen Gesichtskreis.
Das gleiche Eigenkloster, das er mit Wandbildern und Ikonen ausstattete,
bedurfte auch der liturgischen Handschrift, der sich der Ktitor schließlich selbst
bediente, als Teilnehmer am Gottesdienst wie beim privaten Gebet. Es ist
diese Handschriftengattung, in der wir normalerweise einen Bildschmuck an-
treffen, und sie ist es auch, in welcher der Stifter in der Regel - aber keineswegs
immer - anonym blieb. Um uns über sein Selbstverständnis zu informieren,
steht uns damit allein die Minderheit unter den erhaltenen Codices zur Verfü-
gung, in der sich der Stifter entweder durch das Porträt oder durch den Wid-
mungstext zu erkennen gibt.
Bevor wir diese Zeugen befragen, ist es jedoch notwendig, unsere Hand-
schriftengattung von zwei anderen zu unterscheiden, von den Rechtsurkunden
145 Der Text des 48 zeiligen Dedikationsgedichtes bei N. P. Papageorgiu, in Byz. Zeitschrift 3,
1894, 325ff. Die Handschrift, die diesen Text trug, befand sich zu dieser Zeit noch im Prodro-
mos-Kloster in Serres als Cod. Nr. 10. Sie wurde 1917 von den Bulgaren mitgeführt, fehlte aber
dann unter den 252 Codices aus Serres, die 1924 von den Bulgaren restituiert und der National-
bibliothek sowie dem Byzantinischen Museum zu Athen einverleibt wurden: vgl. Germanos
(Strinopulos), in Neos Poimen 2, 1920, 196ff. Nr. 2. Papageorgiu setzte sie aus paläographi-
schen Gründen in das 11. Jahrhundert. Die Dedikationsverse standen in roter Tinte auf dem
letzten Blatt. Die Stifterin, Maria Komnene Palaiologina, wurde darin als f |TAG 'Ewag ßaatkig
vorgestellt, so daß sich diese Identifizierung mit der Despotin der Mongolen, einer Halb-
schwester Andronikos' II., anbot, die wir als Patronin des Choraklosters kennen. Zu ihrer
Person vgl. Papadopoulos, op. cit. wie Anm. 103, Nr. 54.
146 Vgl. dazu S. 1 mit Anm. 1 und 2.