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EINLEITUNG

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friedlich gesinnten protestantischen Theologen wahr, mit dem wohl eine Ver-
ständigung über eine moderate Reformation erlangt werden könnte7. Her-
mann veranlaßte weitere Kontakte mit dem Straßburger, so daß dieser im Fe-
bruar 1542 mit dem führenden Kölner Theologen, Johannes Gropper, im
Jagdschloß des Erzbischofs in Buschhoven bei Bonn zusammentraf8. Auf
dem Bonner Landtag vom März 1542 warb Hermann für sein Vorhaben, ent-
sprechend dem Regensburger Beschluß eine Reformation der kirchlichen
Mißstände in Angriff zu nehmen, und erhielt von den Ständen den Auftrag,
bis zum nächsten Landtag von den Gelehrten den Entwurf einer entspre-
chenden Ordnung ausarbeiten zu lassen9. So legte Hermann dem Domkapitel
am 1. September einen lateinischen Reformationsentwurf vor, der freilich -
weil offensichtlich protestantisch ausgerichtet - vom Kapitel nicht akzeptiert
wurde10. Daraufhin wandte sich Hermann erneut an Bucer und lud ihn zu-
sammen mit dessen Straßburger Kollegen Kaspar Hedio nach Bonn ein, um
mit seiner Hilfe eine Übereinkunft mit dem Kölner Domkapitel zu errei-
chen11.
Am 14. Dezember 1542 traf Bucer in Bonn ein und begann, unter dem hef-
tigen Protest des Domkapitels und der Universität, als Berater des Erzbi-
schofs, Prediger und Dozent sogleich eine umfangreiche Tätigkeit zu entfal-
ten12. Einen von Johannes Gropper eilends unterbreiteten Reformvorschlag
lehnten er und Hermann von Wied am 9. Januar 1543 ab. Gleich danach
machte sich Bucer an die Ausarbeitung eines eigenen, umfassenden Entwur-
fes einer kirchlichen Reformation des Kurfürstentums Köln (»Einfältiges Be-
denken«)13. Zur Unterstützung Bucers lud Hermann von Wied Philipp Me-
lanchthon und Kaspar Hedio nach Bonn ein, vorerst allerdings ohne Erfolg.
Am 3. Februar 1543 nahmen im Landtag die Vertreter des Domkapitels ge-

7. Vgl. Varrentrapp, Hermann, S. 108.
8. B. war durch Nicolaus Pruckner, einen Vertrauten des Erzbischofs, eingeladen wor-
den, in das Kurfürstentum Köln zu kommen, und traf dort am 5. Februar 1542 zusammen
mit dem Rektor der Schule und Akademie in Straßburg, Johann Sturm, ein (vgl. Pol. Cor.
III, Nr.218, S.223 Anm.2 und Nr.244, S.257f.; Lenz II, S. 51 Anm.3; Varrentrapp, Her-
mann, S. 118 f.; Köhn, Bucers Entwurf, S. 40; Schlüter, Publizistik, S. 20). Gropper kannte B.
von den Religionsgesprächen in Hagenau und Worms 1540 sowie Regensburg 1541 her (vgl.
Groppers Briefe vom 10. und 30. Oktober 1541, abgedr. in: Krafft, Briefe, S. 22-24).
9. Vgl. den »Abscheid deß landtags gegeben zu bonn am xi Martij ao. M.D.XLii«, ab-
gedr. in: Schlüter, Publizistik, S. 298-301; vgl. auch Varrentrapp, Hermann, S. 121; Köhn,
Bucers Entwurf, S. 40.
10. Dieser in Briefen des Domkapitels vom 19. Dezember 1542 und vom 4. Januar 1543
erwähnte Text ist bislang verschollen (vgl. Varrentrapp, Hermann, S. 122 f.). Zurecht hat M.
Köhn Th. Schlüters Versuch, den Text in einem Druck Von der Mülens von 1544 wiederzu-
finden, als unhaltbar zurückgewiesen (vgl. Köhn, Entwurf, S.41 f. Anm. 24; Schlüter, Publi-
zistik, S.21 und S. 65-85).
11. Hedio erhielt vom Straßburger Rat freilich im Unterschied zu B. keine Reisegeneh-
migung (vgl. Krafft, Briefe, S. 31; Pol. Cor. III, Nr. 301, S. 315; Köhn, Bucers Entwurf, S. 42).
12. Vgl. dazu Greschat, Bucer, S. 195f.; Varrentrapp, Hermann, S. 125-129.
13. Ediert in diesem Band, S. 163-429.
 
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