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2. BEDENKEN FUR DEN 3. REICHSTAG ZU SPEYER

Fürstenberg nochmals an Bucer1. Er versichert diesem, daß er ganz hinter den im
Bedenken geäußerten Meinungen und Absichten stehe, und schickt ihm aus seiner
auf den i. Januar 1544 vordatierten Instruktion2 eine Abschrift des darin enthalte-
nen Passus »Die religion vnnd closter guetter belangende«3. Dabei weist er Bucer
auf die am Reichstag zu erwartenden erheblichen Widerstände hin.
Unter Hinweis auf die diplomatischen und militärischen Auseinandersetzun-
gen mit dem französischen König Franz I. im Sommer und Herbst gab Karl V. am
23. November 1543, also nur eine Woche vor dem geplanten Beginn des Reichstags,
mit einem in Brüssel verfaßten Schreiben4 den deutschen Fürsten die Verschiebung
seiner Ankunft zum Speyrer Reichstag auf den 10. Januar 1544 bekannt. Dieses
Schreiben wurde Landgraf Philipp von Hessen gemäß entsprechender handschrift-
licher Notiz5 erst am 8. Januar 1544 in Kassel unterbreitet. Der Reichstag begann
am 10. Januar 1544 nur sehr beschränkt. Viele Reichsstände wollten nämlich in An-
betracht des Ausbleibens des Kaisers noch nicht nach Speyer kommen, weil sie we-
der Lust noch Interesse daran hatten, Verhandlungen bloß mit untergeordneten kai-
serlichen Kommissaren zu führen; der Kaiser wiederum war nicht bereit, nach
Speyer zu reisen, bevor dort nicht die meisten Reichsstände tatsächlich mit ihren
Vertretern anwesend waren. Der Kaiser traf schließlich am 30. Januar 1544 in Speyer
an. Dies führte dazu, daß im Februar und März auch einige weitere Reichsstände
hinzukamen; Philipp von Hessen traf am 8. Februar 1544 mit seinen Beratern in
Speyer ein. Der Speyrer Reichstag gehörte schließlich, nach den erwähnten anfäng-
lichen Schwierigkeiten und Verzögerungen, zu den am besten besuchten Reichsta-
gen.
Bucers Bedenken kann folgendermaßen gegliedert werden6:
Ausführungen über die allgemeine Pflicht, insbesondere die Pflicht der christlichen
Obrigkeit, für die Ausbreitung des Evangeliums zu sorgen. Dazu dienen die Pre-
digt, die Darreichung der Sakramente und die Kirchenzucht. Die Voraussetzung zur
Verbreitung des Wortes Gottes in der Predigt ist die Austattung der Kirchen mit
Pfarrstellen. Die Obrigkeiten haben folgende Aufgaben: Sie müssen die Stifter und
Prälaturen zur Erhaltung der Pfarreien heranziehen. Sie müssen die Zahl und das

1. Bnef Landgraf Philipps von Hessen an Bucer, Fürstenberg, 20. November 1543. Marburg/L.
SArch, Bestand 3 (Politisches Archiv), Nr. 693, fol. 1541—1571. Lenz II, S. 198-201 (Nr. 179).
2. >Jnstruction vnnd beuelh, was vnser phihppen vonn Gotts gnadenn Landtgrauen zu Hessenn
Grauenn zu Catzenellnpogenn etc. Rethe vnd gesandtenn, auf jtzigem reichstag die sachen des
reichs aufnchtenn vnnd )n beuelh habenn solltenn<. Marburg/L. SArch, Bestand 3 (Pohtisches Ar-
chiv), Nr. 693, fol. i61-i8v. Deutsche Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., Bd. 15, Der Speyrer
Reichstag von 1544, Teil 1, S. 246-248 (Nr. 50).
3. Marburg/L. SArch, Bestand 3 (Politisches Archiv), Nr. 693, fol. 17' - [ 8V. Lcnz 11, S. 198, Anm. 1.
4. Kaiserhches Ausschreiben an die deutschen Fürsten, Brüssel, 23. November 1543. Marburg/
L. SArch, Bestand 3 (Pohtisches Archiv), Nr. 693, fol. 31—4V. Deutsche Reichstagsakten unter Kaiser
Karl V., Bd. 15, Der Speyrer Reichstag von 1544, Teil 1, S. 165-167 (Nr. 10).
5. Ebd., fol. 4V.
6. Ich folge lm wesenthchen der Zusammenfassung von Lenz II, S. 173 f.
 
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