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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Wilhelmi, Thomas <PD Dr.> [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 13): Unionsschriften 1542 - 1545 — Gütersloh, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30650#0082
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3. REFORMATIONSGUTACHTEN VOM NOVEMBER 1544

chen bedenken haben wir auch des andern puncten halber, und weren darumb bes-
ser underbischove zu haben.«1
Den Wittenberger Theologen lag Bucers Gutachten bald auch vor. Es war auf
Betreiben Philipps von Hessen2 von den Straßburgern Georg Brück in einer Ab-
schrift zur Vorlage an Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen zugestellt worden.
Die Wittenberger Theologen mißbilligten es, wie aus einem Brief Gregor Brücks
vom 20. Januar 1545 an Philipp von Hessen hervorgeht, ebenfalls; es führe eher eine
weitere Trennung als eine Vereinigung herbei.3 Bucer war nämlich mit seinen im
Gutachten vorgebrachten Meinungen unerbittlich und unnachgiebig, auch undiplo-
matisch. Die Wittenberger Theologen erstellten daraufhin in Kenntnis von Bucers
wenig hilfreichem Gutachten unter der Federführung Philipp Melanchthons ein ei-
genes, die >Wittenberger Reformation<, und unterbreiteten es am i4.Januar 1545
Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen.4 Dieser wandte sich am 24. Januar 1545
mit einem Brief an Philipp von Hessen und teilte diesem mit, daß das von Straßbur-
ger Theologen verfaßte Bedenken dem Speyrer Reichsabschied nicht entspreche
und am Reichstag im Gegensatz zur >Wittenberger Reformation< keine Verwendung
finden könne.5
Bucers Gutachten bildete somit am Wormser Reichstag, der infolge der Abwe-
senheit zahlreicher Abgeordneter und auch des Kaisers erst am 15. Dezember eröff-
net werden konnte und erst im Frühjahr 1545 allmählich in Gang kam, keine Dis-
kussionsgrundlage mehr.
Uber die Vorgänge rund um die Entstehung und Wirkung dieses Reformations-
gutachtens gibt insbesondere die 1692 publizierte Darstellung Veit Fudwig Secken-
dorffs guten Aufschluß.6
Bucer plädiert in diesem Reformationsgutachten wiederholt und mit Nachdruck
dafür, daß die evangelischen Stände auf dem Reichstag zu Worms beim Kaiser und
den Reichsständen eine deutliche Klage gegen Papst Paul III. und die Bischöfe vor-
bringen. Damit sollte der Kaiser veranlaßt werden, den altgläubigen Ständen und
deren Bischöfen, insbesondere auch den Fürstbischöfen, eine grundlegende und
umfassende Kirchenreform zu befehlen. Bucer geht also mit seinen unerbittlichen,
im ganzen Gutachten vielfach wiederholten Forderungen viel weiter als Melanch-
thon und die Wittenberger Theologen in ihrer >Wittenberger Reformation<. Bucer,
1. Brief Philipps von Hessen vom 20. Dezember 1544 an Bucer. Lenz II, S. 278 k (Nr. 198).
2. Ebd., S.279.
3. Brief Gregor Brücks vom 20. Januar 1545 an Philipp von Hessen. Nendecker, Merkwürdige
Aktenstiicke I, S. 395 f.
4. Reformatio Wittebergensis, CR 5, Nr. 3114-3115, Sp. 578-606 (deutsche Fassung); Sp. 607-
643 (lat. Fassung). Vgl. dazu MBW 3793 (Regest).
5. Brief des Johann Fnedrich von Sachsen vom 24. Januar 1545 an Philipp von I Icsscn. Ncitclck-
ker, Merkwiirdige Aktenstiicke I, S. 388-401.
6. Seckendorff, Commentanus histoncus et apologeticus de Futheramsmo, Teil III, S. 536—539
und 542 f. Deutsche Ubersetzung [von Elias Fnck]: Seckendorff, Ausführhche Histone des Futher-
thums, Sp. 2377-2384 und 2397-2400. Vgl. dazu auch die in Anm. 1 und 5 angegebene Fiteratur und
Greschat, Martin Bucer, S. 224.
 
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