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5. EIN CHRISTLICHE ERINNERUNG

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daher alle Christliche zucht in allen kirchen, auch bei allen stenden, geystlichen
vnd welltlichen, auff das aller grewlichest verfallen vnnd zerstoret worden.
Züm fünfften hat hierauß auch zü letst gefolget, das die Papst sich über alle
Concilien erhohet vnd für ein ketzerei erkennet haben in jren verstrickten1
schmeychel Concilien, vnder dem Pio ij.2, Julio ij.3 vnnd Leone x.4 gehal-
ten5, das die Concilien über die Papst seien, Damit der Papst sich aller straf-
fen vnd besserung auff erden entzogen vnd zü endtlichem6 verderben ge-
freiet hatt.
Was ist nun in allen disen volgen, wie auch in dem mittel, daraus alle dise
volgen herfliessen, anders zü erkennen, zü sehen vnd zü greiffen, dann eitel
grewlichster zorn vnnd rache Gottes über die gantze Christenheyt?
Nun besehe man das ander mittel Papstlicher erhohung, welches ist das
eintringen der Papst in die weltliche gewalt vnd herrschafft mit dem zü-
I cxxxiiij / T iij b I fall vnnd bekommung so viler grosser landen vnnd leuthen.
Die sünde der wellt hatt verdienet, wie gemeldt, vnnd die zeit war da, das
das Romisch Reich, dadurch das widerchristenthumb warde auffgehalten,
sollte dahin gohn, darumb namen die genanten volcker, die Gothen, die Wan-
dalen, Longobarder vnnd andere allenthalben überhand wider dis Reich vnd
stümleten7 es wol. Darzü das heyloß regieren der Keyser wol fordrete.
Alßdann nun die Longobarder inn Jtalia biß in die cc. jar gewaltig herrsche-
ten vnd tyranisierten vnd die Keiser den Romern in dem wenig trost oder hilff
bewisen, ja offt jnen8 selb nit helffen konden.
Jn solchem jrem schweren obligen vnd noten haben die Romer jre Bischoue
mit in die rhat vnd geschefft gemeiner stadt gezogen, Dann sie nach gemein-
lich vermoge des kirchen rechtens die zü Bischouen wehleten, die sie für die
aller verstendigsten vnd getrewesten menner in der gantzen gemein erkenne-
ten. Die hatten dann von wegen jrer fürtreffenlichen weißheyt vnd heyligkeyt
ein groß ansehen, gunst vnd vermogen, nit allein bei den Keyseren, sonder
auch ettwan bey den Longobarderen, den feinden selb, daher sie dem Senat
vnd volck zü Rom offt vil güts erwerben vnnd außrichten mochten. So waren
auch dise Papst I cxxxv / T iiij a I nach der vetterlichen trewe vnnd barmhert-
zigkeit gegen allem volck, das sie die gütter jrer kirchen, die schon eben groß
waren, gantz mildtiglich darstreckten in allerley noten vnd obligen des

Papst über alle
Concilien

Das ander mittel
Papstlicher er-
höhung durch
eusseren gewallt
Die keyser verlies-
sen die Römer, die
Longobarder
queleten sie.

Wie die Bischoue
anfenghch tn die
welthchen ge-
schefft gezogen.

1. heimhchen. Vgl. Lexer 3, Sp. 25 5.
2. Pius II., geb. 1405, gest. 1464, Papst 1458-1464. TRE 26, S.649-652.
3. Julius II., geb. 1444, gest. 1513, Papst 1503—1513. TRE 17, S.444-445; LThK3 5,
Sp. 1083-1084.
4. Leo X., geb. 1479, gest. 1521, Papst 1513—1521. TRE 20, S. 744-748; LThK3 6, Sp. 825 f.
5. Laterankonzil 1512-1517, von Julius II. einberufen, von Leo X. fortgesetzt. TRE 20,
S. 489-492. - Concilia omnia (1551), Bd. 3, S. 514-587 und 588-731. Unter Pius II. wurde
kein Konzil abgehalten.
6. schheßhchem.
7. Lexer 3, Sp. 1264-1265.
8. sich.
 
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