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Briefe an Friedrich Nausea, Januar 1541

Einleitung
Im Dezember 1540 war es klar geworden, daß die Beratungen in Worms, die Anfang
November begonnen hatten, nicht zu einem Erfolg führen sollten. Sie blieben in den
Vorbesprechungen iiber Formfragen stecken, die besonders für die Altgläubigen
von primärer Bedeutung waren. Diese waren sich theologisch sehr uneinig, sodaß
sie in einer öffentlichen inhaltlichen Diskussion mit den einstimmigen evangeli-
schen Abgeordneten eine Spaltung der eigenen Partei befürchteten.
In dieser Lage gab es einige Male Versuche, die Verhandlungen aus der Sackgasse
zu führen. Der bekannteste, an dem Bucer auf der Seite der Evangelischen maßge-
bend beteiligt war, der zur Abfassung des >Wormser Buches< im Dezember 1540
führte1, ging von Granvella selbst aus. Viel weniger bekannt ist ein Versuch, den et-
was später Friedrich Nausea, theologischer Rat des römischen Königs Ferdinand
und designierter Bischof von Wien, veranstaltete. Es ist plausibel, daß auch dahinter
Granvella stand.
Nausea nahm im Dezember Kontakt mit Melanchthon auf2. Er hatte Melan-
chthon 15 Jahre zuvor in dessen elterlichem Haus in Bretten besucht und damals ei-
nen günstigen Eindruck von ihm gewonnen. Nach einer Unterhaltung zwischen
Nausea, Melanchthon und dessen Wittenberger Kollegen Caspar Cruciger kam es
am 10. Januar 1541 zu einer zweiten Besprechung, diesmal zwischen Nausea einer-
seits und Melanchthon, Cruciger und Bucer andererseits3. Melanchthon und Nau-
sea führten beide das Wort. Obwohl man aus dem Protokoll der Unterredung den
Eindruck bekommt, daß das Gespräch in freundlicher Atmosphäre stattfand, blieb
eine Fortsetzung aus. Das verwundert nicht: Einige der von Nausea verfaßten Gut-
achten zeigen, daß er eher Befürworter des Konzilsgedankens als Verfechter der
Methode der Religionsgespräche war4.
Zwei Tage später bat Bucer schriftlich um eine Unterredung mit Nausea. Obwohl
Nausea ihn zurückwies, biieb Bucer in einem Antwortbrief bei seiner Bitte. Dabei
berichtete er auch über die offiziellen Verhandlungen der letzten Wochen, die sich
alle mit den Verfahrensfragen bei künftigen theologischen Verhandlungen befaßten.
Am Ende des Briefes bat er nochmals eindringlich um ein Gespräch über die Art
und Weise, die Kirche wiederherzustellen5.
Nach einem nochmaligen Anstoß6 fand dieses Gespräch dann doch am 16. Januar

1. S. BDS 9,1, S. 323-501.
2. S. MBW Reg. 2590, 2591, 2592, 2605, 2606; Kawerau, Versuche, S. 67-73.
3. S. MBW Reg. 2606.
4. S. Cardauns, Zur Geschichte, S. 150-200.
5. S. S. 14,18-17,2.
6. S. S. 17,3-11.
 
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