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Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste [Mitarb.]; Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin [Mitarb.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Bayerische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig [Mitarb.]; Österreichische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften in Göttingen [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [Mitarb.]; Cucuel, Ernst [Bearb.]; Eckert, Hermann [Bearb.]
Die deutschen Inschriften: DI (Band 1 : Heidelberger Reihe ; Band 1): Die Inschriften des badischen Main- und Taubergrundes: Wertheim-Tauberbischofsheim — Stuttgart: Druckenmueller, 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.53141#0061
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(1750 erneuert): „Alle die Ihr hier vorüber geth — Sehet wie es um uns steth - Was Ihr seyd, daß
waren wir, - Und was wir seyn, Daß werdet werden Ihr2.“ Auch in Frankreich findet sich diese
Verwendung; über der Kirchhofstür in Avignon heißt es: „Nous etions ce que vous etes, | Et vous
serez, ce que nous sommes2.“ In lateinischer Sprache begegnet die Mahnung am Sockel der Stifts-
kirche von Neuweiler im Elsaß (Mitte 13. Jh.): „Vos, qui transitis, nostri memores, rogo, sitis
Quod sumus, hoc eritis, fuimus quandoque quod estis3.“ Den ältesten Beleg stellt eine ähnlich
lautende Grabschrift des 11. Jahrhunderts dar2. Man hat vermutet, daß der Spruch aus arabischer
Dichtung über Spanien eingewandert sei, da ihn bereits zwei arabische Dichter des dritten und
sechsten Jahrhunderts kennen4. Vermittlung spätantiken Gutes ist dabei nicht ausgeschlossen,
wenn bis jetzt auch noch nicht nachgewiesen. In deutscher Dichtung begegnet er zum erstenmal
bei Freidank: „Sus sprechent die da sint begraben | beide zen alten und zen knaben: | ‘daz ir da
sit, daz wären wir; | daz wir nü sin, daz werdet ir’5.“ Eine besondere Verbreitung hat die Mahnung
im Rahmen der Legende von den drei Lebenden und den drei Toten gefunden,-die in Hand-
schriften, Holzschnitten und Wandgemälden sehr häufig dargestellt wurde6.
Der zweite Spruch findet sich in wenig abweichender Fassung über dem Beinhaus des Klosters
Klingenthal bei Basel: „Hie richt got noch dem rechten, die herren ligen bi den knechten, nü
merket hie bi, welcher her oder knecht gewesen si7.“ Aus einem niederdeutschen Fastnachtsspiel
des 15. Jahrhunderts stammt folgender Beleg: „Hie lyend gebeyn groß vnd kleyn. Wer kan da
gemyrken recht, Welcher sy da herr ader knecht? Hie hait zo lyen recht Der herr by dem knecht8.“
Den gleichen Gedanken spricht bereits Walther von der Vogelweide aus: „wer kan den herren
von dem knehte scheiden, swa er ir gebeine blözez fünde9.“ Vielleicht liegt den Versen Hiob 3, 19
zugrunde: „Da sind beide, klein und groß, und der Knecht ist frei von seinem Herrn.“
Neu und von großer künstlerischer Wirkung ist die Vereinigung der beiden Sprüche mit den um
die Totenuhr gelagerten Gerippen. Vorbilder sind bis jetzt nicht bekannt. Vermutlich hat für diese
Darstellung die Legende von den drei Lebenden und den drei Toten Pate gestanden, wie der erste
Spruch nahelegt. Die Zweizahl der Gerippe und ihre Anordnung ist freilich nur im zweiten inner-
lich begründet.
Kaufmann: Beiträge 1868 Heft II S. 91 — Wibel: Engelbrunnen Nr. 148 — Kdm. IV, 1 S. 27S — Bergner S. 574 —
Langguth: Führer S. 44 - Will S. 200 - 1 Köhler S. 27ff.; Künstle S. 28ff. - 2Bezzenberger S. 303 - 3Kraus II
S. 53 — 4Köhler S. 37; Künstle S. 30 - 522,16—19 (Bezzenberger S. 87) - 6Kiinstle S. 28ff.; Storck S. Iff. —
7Wackernagel S. 329 — 8v. Keller S. 271, 28ff. — 922,12f. (vgl. auch die Anm. bei Wilmanns: Walther II S. 120).

44

Wertheim

1574

Steintafel an der Westwand der Kilianskapelle außen. Früher an einem Haus in der Maingasse,
r. S. 43 x 107; Sehr. 3,5-5,5 cm.
Slno 1574 bet 3d; SBolff Sßenbeifen
mit gotte^ fyilf bifen bab!)e nollenten
gvlt 6 fl ein maltet loten tmb 68 fl ei
fettet mein beö bette bie nitter lenteu
brvm bringen f)ie rein
alle bie micl; lenen geb in gebt maö fi
mit bvn gonen. allem gebt bie eb)t


Alle bisherigen Lesungen geben „Rittersleut“ oder „ritter leute“, doch ist das n am Anfang und
das Kürzungszeichen für das Schluß-r gesichert, ebenso das zweite n, da der u-Laut an allen anderen

3 D. I. 1
 
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