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Niederquell, Theodor [Bearb.]; Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste [Mitarb.]; Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin [Mitarb.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Bayerische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig [Mitarb.]; Österreichische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften in Göttingen [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [Mitarb.]
Die deutschen Inschriften: DI (Band 14 : Heidelberger Reihe ; Band 5): Die Inschriften der Stadt Fritzlar — München: Druckenmüller, 1974

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https://doi.org/10.11588/diglit.53159#0018
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1. Die Krypta^
Dieser Raum ist ursprünglich der bevorzugteste Ort für Beisetzungen gewesen, weil man dort der
unmittelbaren Nähe der Reliquien teilhaftig wurde. Falckenheiner nennt sie poetisch „die große Todten-
kammer der Fritzlarer Prälaten“. Für das frühe und hohe Mittelalter mag das weitgehend zutreffen.
Von nur zwei Denkmälern wissen wir mit Sicherheit, daß sie sich in der Krypta befunden haben, von
Nr. 42 aus dem Testament des verstorbenen Dekans und von Nr. 58 aus der Inschrift. Was sich außer Nr.
42 heute darin vorfindet und was von Drach im Jahre 1909 darin beschrieben ist, wurde bei einer der beiden
großen Umräumungen dahin versetzt.
Erst im Jahre 1783 hörten die Beisetzungen in der Krypta auf. Sie wurden nicht wie anderswo zu
dieser Zeit aus hygienischen Gründen verboten, sondern aus Respekt vor den dort aufbewahrten Reli-
quien.
2. Der Chor
Wegen der darunterliegenden Krypta war die Anlage von Gräbern auf dem Chor, in anderen Kirchen
eine der am dichtesten mit Leichnamen belegten Stelle, unmöglich. Auch die von Falckenheiner berichtete
vorläufige Beisetzung des erschlagenen Herzogs von Braunschweig an diesem Platze stellt sich als Irrtum
heraus (Nr. 35).
3. Die Kirchenschiffe
Der Boden des Mittelschiffs und der drei Seitenschiffe ist der gewöhnliche Beisetzungsort der Stifts-
prälaten und Kanoniker gewesen, wenn sie sich nicht ausdrücklich eine andere Stelle der Kirche bestimmt
hatten, zu der durch Altarstiftungen oder dergleichen eine besondere Beziehung bestand. Wenn bei Würdt-
wein nur 25 Grabplatten von Kanonikern ausdrücklich als „in navi ecclesiae, humi“ liegend bezeich-
net sind, dann mag der Grund sein, daß viele andere unter dem Gestühl unzugänglich oder abgetreten
waren. Jedenfalls werden es viel mehr gewesen sein. Die ältesten reichen nicht über die zweite Hälfte
des 15.Jahrhunderts zurück.
Unter dem Boden des Mittelschiffs in der Nähe des Sakramentshäuschens wurden kürzlich erneut
ausgemauerte Grüfte aus der Zeit der Benediktinerabtei freigelegt, in denen sich heute an verschiedenen
Stellen aufbewahrte Steinsärge befanden, die Nummern 1 und 2 stammen daher.
4. Der Kreuzgang
Er stand in erster Linie vornehmen Laien als Begräbnisplatz zur Verfügung: kurfürstlichen Beamten,
adeligen Lehnsträgern des Stifts, Burgmannen, Patrizierfamilien und auf der Durchreise verstorbenen
Fremden von Rang. Es ist nicht völlig sicher, ob die zahlreichen Grabplatten für Altaristen und Stifts-
pfarrer nicht doch aus der Johanniskirche in den Kreuzgang gebracht wurden, wahrscheinlich aber ge-
hören sie ursprünglich dahin. Wegen des beschränkten Platzes und der Menge der um ein Begräbnis
nachsuchenden Personen hat sich die Neubelegung hier am schnellsten vollzogen, das wird der natürliche
Grund dafür sein, daß die älteste noch vorhandene Platte aus dem Jahre 1521 stammt (Nr. 88); auch
Würdtwein vermerkt keine ältere für den Kreuzgang. Die Beisetzungen haben bis zur Aufhebung des
Stiftes angedauert.
5. Der Grashof
Er wird als Begräbnisort der Nikolaibrüderschaft genannt4 5 6). Daß den Mitgliedern individuelle Grab-
denkmäler errichtet wurden, ist unwahrscheinlich. Wohl nur die steinernen Grabkreuze des 18. Jahr-
hunderts gehören ursprünglich an diesen Ort, schon bei den zopfigen Epitaphen ist es sehr fraglich.
Alles andere ist bei späteren Auf- und Umräumungsarbeiten mehr oder weniger provisorisch hier ab-
gestellt worden.
6. Die Kapellen im Stiftsbereich
Generell kann man sagen, daß sie zum Begräbnis von Stiftern und Wohltätern und ihrer Familien
dienten. Nur in einigen Fällen läßt sich nachweisen, daß der ursprüngliche Standort der Grabdenkmäler

4) Falckenheiner II, S. 46, Anm. 1.
5) Falckenheiner II, S. 49. - Es handelte sich um eine Vereinigung der Bediensteten des Stifts, die sich nach ihrem Ver-
sammlungsort, der Nikolauskapelle in der Stadt, nannte.

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