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Niederquell, Theodor [Oth.]; Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste [Contr.]; Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften [Contr.]; Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin [Contr.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]; Bayerische Akademie der Wissenschaften [Contr.]; Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig [Contr.]; Österreichische Akademie der Wissenschaften [Contr.]; Akademie der Wissenschaften in Göttingen [Contr.]; Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [Contr.]
Die deutschen Inschriften: DI (Band 14 : Heidelberger Reihe ; Band 5): Die Inschriften der Stadt Fritzlar — München: Druckenmüller, 1974

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https://doi.org/10.11588/diglit.53159#0056
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Die Inschrift war schon zu Drachs Zeiten nicht mehr vorhanden, sie soll auf einem Inschriftstein, der die
zur Bergung der Eingeweide benutzte Gruft kennzeichnete, gestanden haben1). Die von Drach als Quelle
zitierte Braunschweigisch-Lüneburgische Chronik von Bünting und Letzner bringt diese Inschrift nicht,
sondern zitiert eine lateinische Inschrift eines Steins, mit dem vor dem Hochaltar der Klosterkirche zu
Wiebrechtshausen (bei Northeim) das kupferne Gefäß mit den Eingeweiden des Herzogs bedeckt gewesen
sei2).
Trotzdem bleibt nach der Fritzlarer Überlieferung möglich, daß Teile des Eingeweides in Fritzlar be-
stattet waren; da der Überfall auf den angeblich in Frankfurt zum römischen Kaiser erwählten Friedrich
von Braunschweig3 4) in Kleinenglis bei Fritzlar erfolgte1), ist eine Verbringung des Leichnams nach
Fritzlar und eine provisorische Aufbahrung in der Stiftskirche zumindest denkbar5). Nach Falkenheiner
soll der Leichnam sogar vor dem Hochaltar einstweilen beigesetzt worden sein, „wo noch die Inschrift
eines liegenden Grabsteins die Stätte andeutet“6). Die oben zitierte Inschrift kennt Falkenheiner nicht.
Drach nahm seine Lesart vermutlich aus dem 1743 in Marburg in Druck erschienenen Werk des Heinrich
Philipp Steinruck über den gewaltsamen Tod des Herzogs7).
Zusätzlich berichtet aber Speckmann in seinen heute verlorenen „Antiquitates Friedeslarienses“8), bei
der Öffnung (einer der gemauerten Grüfte im Kirchenschifl in der Nähe des Sakramentshäuschens) im
Jahre 1775 habe man festgestellt, daß die zinnerne Flasche mit den darin verlöteten Eingeweiden des
Herzogs entfernt gewesen sei; „inwendig“ stehe die Inschrift:
E. F. B. I. Mont.
Speckmann löst diese Buchstaben auf mit: Electi Friderici Brunswizensis Imperatoris Monumentum. Denkmal
des erwählten Kaisers Friedrichs von Braunschweig.
Speckmanns Nachricht ist sicher dahin zu berichtigen, daß man nicht die (längst bekannte) Gruft öffnete,
sondern den darin befindlichen Steinsarg, in dem am Kopfende das Wort EGILMVNT stand9 10). Die
„Umdeutung“ dieser Buchstaben entweder aufgrund schlechter Beleuchtung oder (und) aufgrund einer
vorgefaßten Meinung in die Kürzungen der von Speckmann wiedergegebenen „Inschrift“ ist ohne grö-
ßere Schwierigkeiten möglich. Für diesen Zusammenhang spricht auch die Überlieferung bei Falkenhei-
ner, der die „Inschrift“ ebenfalls kennt und sie folgendermaßen druckt:
Egil 4- Mvnt / Electi / Friderici /Brunswizensis/ Imperatoris/ Legitimi/Monumentum
Hier steht zunächst die „ungekürzte“ Schrift, danach die „Auflösung“, d.h., was man als solche ansah.
Wahrscheinlich handelte es sich um ein eigenes Täfelchen, auf dem die Inschrift (nach dem Speckmann’-
schen Vorschlag oder in Anlehnung an diesen) erst abgekürzt und dann aufgelöst wiedergegeben wurde.
Gemeinsam ist allen drei „Inschriften“, daß sie keinesfalls aus der Zeit stammen, in der der Überfall ge-
schah, sondern mit größter Wahrscheinlichkeit Klitterungen des 18. Jahrhunderts sind. Es ist nicht ein-
deutig auszumachen, ob sie zu einem bestimmten Zweck und zu welchem angefertigt wurden. Sollte
vielleicht damit nachgewiesen werden, daß Friedrich von Braunschweig wirklich in Frankfurt zum
römischen Kaiser erwählt wurde oder ging es nur darum, sein Begräbnis in der Fritzlarer Stiftskirche zu
dokumentieren ?

') B. u. K., S. 67, Anm. 6.
2) Bünting und Letzner, Braunschweigisch-Lüneburgische Chronica, Teil I, 1722, S. 678. Der Stein trug das Braunschwei-
gische Wappen in Messing und die Inschrift: FRIDERICVS DVX BRVNSVICENSIS INTERFECTVS EST, ANNO
DOM. M. CCCC. IN DIE. S. BONIFACII.
3) Über die Kontroverse über die angebliche Wahl Friedrichs zum Kaiser und den Mord s. Deutsche Reichstagsakten III
(München 1877) Nr. i86ff. auf. S. 234ff., dazu Einleitung S. 22y(.
4) In Klein-Englis wurde ein heute noch stehendes Steinkreuz errichtet, dessen völlig erloschene Inschrift den Erzbischof von
Mainz als Anstifter des hinterhältigen Überfalls angeklagt haben soll: Bünting und Letzner a.a.O. S. XX.
5) Fraglich aber bleibt, ob nicht die Verbringung des Leichnams nach Fritzlar und die Aufbahrung dort überhaupt fiktiv ist.
Wenn man tatsächlich den Erzbischof von Mainz als Anstifter des Überfalls betrachtete, ist die Aufbahrung des Erschlagenen
in einer Kirche des Mainzer Territoriums zumindest sehr auffällig.
’) Falkenheiner II 257.
7) Henrici Philippi Steinruckii Disquisitio Historica de Friderico Duce Brunsvicensi ac Luneburgensi anno MCCCC haud
procul Fritzlaria caeso... Marburgi 1743, p. 16 sqq. Druck der Inschrift auf p. 26. - Vgl. auch W.Havemann, Der Mord
Herzog Friedrichs von Braunschweig-Lüneburg, in: Archiv des hist. Vereins für Niedersachsen NF. Jg. 1847, S. 348ff'.
8) Abgedruckt in B. u. K. a.a.O.
•) Vgl. oben Nr. 1.
10) Falkenheiner II 258.

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