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Lutz, Dietrich [Bearb.]; Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste [Mitarb.]; Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin [Mitarb.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Bayerische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig [Mitarb.]; Österreichische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften in Göttingen [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [Mitarb.]
Die deutschen Inschriften: DI (Band 15 : Münchner Reihe ; Band 4): Die Inschriften der Stadt Rothenburg ob der Tauber — München: Druckenmueller, 1976

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https://doi.org/10.11588/diglit.45638#0035
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Fraktur71).
Die Fraktur wurde ebenso wie die gotische Minuskel als Buchschrift entwickelt. Sie ist eine Form der
Bastarda, von der sie terminologisch seit dem frühen 16. Jahrhundert zu unterscheiden ist. Auf den In-
schriften unterscheidet sie sich von der gotischen Minuskel durch die lang heruntergezogenen Unterlängen
von f und s, durch mandelförmige Ausbildung von o und den Rundungen der Buchstaben b, d, p und q,
vor allem aber durch das sogenannte einstöckige a, das a ohne Deckstrich. Die Versalien zeichnen sich
durch an- und abschwellende Linien, rüsselartige Anschwünge („Elefantenrüssel“) und durch die Schäfte
begleitende dünne Haarstriche aus.
Die Frakturinschriften treten nach diesen Kriterien in Rothenburg erst nach der Mitte des 16. Jahr-
hunderts auf (1554, Nr. 206; 1560, Nr. 218). Der Eindruck der Schrift auf den Metallepitaphien ist zu-
nächst unruhig, wird aber gegen Ende des 16. Jahrhunderts gleichmäßiger. Es handelt sich dabei wohl
weniger um eine Entwicklung der Schrift als um die Verschiedenartigkeit der Werkstätten, in denen die
Epitaphien hergestellt wurden (siehe unten Werkstattvergleich).
Sehr viel seltener als auf Metallepitaphien finden wir die Fraktur in Stein gehauen (vgl. Nr. 407, 512,
549, 554 und 636). In einem Fall wurden fünf Frakturbuchstaben auf einem sonst in Renaissance-Kapitalis
ausgeführten Grabstein als Großbuchstaben verwendet (1634, Nr. 577).
Humanistische Minuskel72).
Nur ein Beispiel, bezeichnenderweise das Epitaph für den humanistisch gebildeten, bedeutenden Bür-
germeister Johann Hornburg (1571, Nr. 261), ist in humanistischer Minuskel ausgeführt.
Die arabischen Ziffern.
Am Schluß der Beschreibung der einzelnen Schriftformen soll noch kurz die Entwicklung der arabi-
schen Ziffern geschildert werden, wie sie uns auf den Rothenburger Inschriften entgegentritt.
Die älteste Jahreszahl in arabischen Ziffern befindet sich auf dem ältesten erhaltenen Metallepitaph
(1438, Nr. 62). Anfänglich noch selten, nimmt die Verwendung arabischer Ziffern 1111 Verlauf des 15. Jahr-
hunderts ständig zu und wird um 1500 allgemein üblich. Bis zu diesem Zeitpunkt bilden sich die älteren
Formen von 4, 5 und 7 zu den heute gebräuchlichen um. Zwischen dieser Zifferngruppe des 15. Jahrhun-
derts in Inschriften der gotischen Minuskel und den um die Mitte des 16. Jahrhunderts einsetzenden, mehr
an die Fraktur angelehnten Ziffern gibt es eine Zwischenstufe. Sie wird charakterisiert durch eine lang-
gestreckte 5 mit flacher Fahne. Ab 1550 entwickeln die arabischen Ziffern ebenso wie die Buchstaben eine
Neigung zu kleinen Schnörkeln und Anhängseln, wie es bei der 1 besonders augenfällig ist.
1 i-förmiger Schaft, teilweise mit gespaltenem. Fuß (vgl. Nr. 88), im 16. Jahrhundert senkrechter Schaft,
gelegentlich mit gespaltenem Fuß (vgl. Nr. 638, IV, XII, 221, 638, XIX). Nach 1600 Neigung zu weit-
ausladenden Fußstrichen mit Unterlängen (vgl. Nr. 383, 638, XXXVII, 536, 638, XXXVIII), oberes
Ende quadrangel- oder pfeilförmig (vgl. Nr. 426, 638, XXXVII, 536, 628).
2 z-förmig (vgl. Nr. 124, 272, 638, XXXVIa, XXXVII, XXXVIII) oder rund (vgl. Nr. 123, 221, 536).
3 z-förmig mit spitzem Abschwung (vgl. Nr. 62, 88), mit waagerechtem Deckstrich und rundem Ab-
schwung (vgl. Nr. 553, 593).
4 ältere Form (halbe 8) eckig (vgl. Nr. 88, 124, 638, III) oder rund (vgl. Nr. 87, 92, 638, I). Die jüngere
Form der 4 (aufgerichtet) tritt zuerst 1492 (1489, Nr. 638, II ist zu stark verwittert) auf (vgl. Nr. 123,
426, 638, XXXVIa, 628).
5 ältere Form mit nach links gerichteter Fahne (vgl. Nr. 88); die jüngere Form mit rechts angesetzter
Fahne erstmals 1475 (vgl. Nr. 92). Die Fahne kann geschwungen (vgl. Nr. 209, 218, 272) oder flach
und gerade angesetzt sein (vgl. Nr. 638, XIX, XXVIII). Nach 1600 vielfach mit nach oben gebogener
Fahne (vgl. Nr. 383, 628). Eine Sonderform mit eingerolltem Fuß ist nur einmal vertreten (vgl. Nr. 638,
XXII).
6 rundlich, geschlossen (vgl. Nr. 134); bis 1600 offen mit kurzer Oberlänge (vgl. Nr. 209, 218), danach
Oberlänge zunehmend länger und oft stark nach rechts geneigt (vgl. Nr. 638, XXXIV, 383, 479, 638,
XXXVII).
7 ältere Form gleichschenkliger Winkel mit Spitze nach oben in der Mitte (vgl. Nr. 87, 92, 638, I); jün-
gere Form aufgerichtet ähnlich einer modernen 1 (vgl. Nr. 88) oder mit geradem Deckstrich und schrä-
gem Schaft (vgl. Nr. 638, XIX, XXII).

71) DI Bd. V München S. XXVf.; DI Bd. XII Heidelberg S. XXII; DI Bd. XIII Nürnberg S. XXIf. Vgl.
Zahn, Beiträge.
72) DI Bd. XIII Heidelberg S. XXII.

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