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Seeliger-Zeiss, Anneliese; Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste [Mitarb.]; Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin [Mitarb.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Bayerische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig [Mitarb.]; Österreichische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften in Göttingen [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [Mitarb.]
Die deutschen Inschriften: DI (Band 47 = Heidelberger Reihe, 13. Band): Die Inschriften des Landkreises Böblingen — Wiesbaden: Dr. Ludwig Reichert Verlag, 1999

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https://doi.org/10.11588/diglit.57659#0020
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anlagen und Befestigungen ausgestattet waren, kam ihnen strategische Bedeutung zu, zumal wenn
diese wichtige Straßenkreuzungen zu kontrollieren vermochten. Zum andern erfüllten die Städte
neben den militärischen Aspekten wirtschaftliche Funktionen als Produktionszentren und Mittel-
punktorte für Märkte und Messen.
Wenige landesherrliche Städte waren Neugründungen wie Leonberg (um 1248/1249). In der
Mehrzahl handelte es sich um ältere Stadtanlagen, die in der Zeit der Ausbildung des württembergi-
schen Territoriums durch eine geschickte Erwerbungspolitik gewonnen wurden. Die Grafen und Her-
zöge von Württemberg haben eine Reihe von Städten zu Amtsstädten und damit zu Herrschaftsmit-
telpunkten erhoben. Damit ist es gelungen, die Amtsstädte zu einheitlichen Zentren ihrer Verwaltung
auszubauen und ihnen hinsichtlich ihrer Verfassung gleichartige Strukturen zu geben. Deshalb besaßen
die Amtsstädte mit ihrer bürgerlichen Oberschicht aus Beamtenpatriziat, Geistlichkeit und Handwer-
kerstand vergleichbare soziale Verhältnisse und wirtschaftliche Grundlagen, was sich auch im Inschrif-
tenbestand in eindrucksvoller Deutlichkeit spiegelt. Die Amtsstadt war Sitz des Vogtes, des Kellers und
(seit der Reformation) des Geistlichen Verwalters, in einigen Städten — wie Böblingen, Leonberg und
Weil im Schönbuch - auch des Forstmeisters und Waldvogts24 *. Aus diesem Personenkreis der ehrbaren
Amtsträger stammten die Auftraggeber für Inschriften-Denkmäler; außerdem veranlaßte die kommu-
nale Verwaltung als Ganzes die Schaffung von Inschriften verschiedenster Art. Dem Untertanen wie
auch dem Fremden wurde die Zugehörigkeit zur Grafschaft bzw. zum Herzogtum durch spezielle
Hoheitszeichen verdeutlicht; diese waren seit dem frühen 16. Jahrhundert die monumentalen Brun-
nenanlagen auf dem Marktplatz, auf denen geharnischte Wappenhalter aus Stein, die sog. Wappner, das
Wappen des Landesherrn in Verbindung mit dem Stadtwappen präsentierten20. Die Städte besaßen ein
Stadtschloß als Wohnung für den Aufenthalt des Landesherrn und in seiner Abwesenheit als Sitz des
meist adligen Obervogtes und der Regierung. Das Schloß war zugleich als repräsentativer, meist mit
Wappen geschmückter Symbolbau der Zentralgewalt unübersehbar. Diese meist schon aus dem Spät-
mittelalter stammenden Anlagen sind im 16. Jahrhundert einheitlich ausgebaut worden, so auch in
Böblingen, Herrenberg und Leonberg26. Gemeinsam ist allen diesen Schloßanlagen ihre Funktion als
wehrhafte Festungsbauten von großer Schlichtheit. Einzig das Leonberger Schloß, das wie dasjenige in
Böblingen auch als Witwensitz diente, besitzt einen bescheidenen Bauschmuck in Gestalt von In-
schriften und Wappen des Herzogshauses (nr. 331).
Das oberste Organ der städtischen Selbstverwaltung der Amtsstadt waren Stadtgericht und Rat mit
Sitz ihrer Versammlung in den Rathäusern. Hier in den Städten entstanden seit dem 15. Jahrhundert
neue Rathausbauten; der Ratssaal erhielt nicht selten im 16.Jahrhundert eine Ausschmückung mit
Serien von Wappenscheiben, in denen auch das Wappen des Landesherrn nicht fehlte (nrr. 86, 194,
198)27. Neben den Vertretern von Gericht und Rat sind weitere städtische Amtsträger zu nennen, so
als wichtigster Kopf der Verwaltung der Stadtschreiber, dann die Bürgermeister, Heiligenpfleger,
Steuersetzer u. a. Schließlich sind als städtische Einrichtungen noch die Lateinschulen und Spitä-
ler zu erwähnen, denen ebenfalls Amtspersonen vorstanden. Für alle diese Glieder der städtischen
Ehrbarkeit war unabdingbar, daß sie über em gewisses Vermögen verfügten und sich durch ihre
Familienverbmdungen gegenseitig forderten. Als Auftraggeber zahlreicher Inschriften-Denkmäler,
auf denen nicht selten ihre Funktionen aufgezählt werden, begegnen sie in besonderer Dichte in
Herrenberg und Leonberg28.
Unter den württembergischen Amtsstädten des Landkreises nehmen Leonberg (48, davon 42 erhalten)
und Herrenberg (44, 35 erhalten) hinsichtlich ihrer Inschriftenzahl die ersten Plätze ein. Enttäuschend
gering ist der Bestand der heutigen Kreisstadt Böblingen (8, nur drei erhalten, und zwei von diesen
zudem nach auswärts verkauft). Auch der Bestand der Stadt Sindelfingen (20, sieben erhalten) ist —
gemessen an ihrem Alter und ihrer historischen Bedeutung — nur mehr sehr klein. Weil der Stadt hin-
gegen steht hinsichtlich seiner noch nachweisbaren historischen Inschriften (74, davon 41 erhalten)

24 Ebd. 136 f. - Vgl. nrr. 224, 280, 377.
Trugenberger (wie Anm. 23) 138. — Vgl. die Brunnen in Leonberg und ursprünglich auch in Sindelfingen; nr. 210.
Der Wappner des Marktbrunnens in Weil der Stadt trägt als Abzeichen der kaiserlich-österreichischen Herrschaft
außerdem das Goldene Vlies; vgl. nr. 179.
Trugenberger (wie Anm. 23) 139f. Grundlegend Maurer, H., Die landesherrliche Burg in Wirtemberg im 15. und
]g'^g^24Un^ert (VeröU 4. Kommission f. geschichtl. Landeskunde in Baden-Württemberg Reihe B 1). Stuttgart
27 Trugenberger (wie Anm. 23) 142.
-8 Zu den Leonberger Denkmälern vgl. Seehger-Zeiss, Em seliges end 1998, 121 f.

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