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Seeliger-Zeiss, Anneliese; Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste [Contr.]; Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften [Contr.]; Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin [Contr.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]; Bayerische Akademie der Wissenschaften [Contr.]; Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig [Contr.]; Österreichische Akademie der Wissenschaften [Contr.]; Akademie der Wissenschaften in Göttingen [Contr.]; Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [Contr.]
Die deutschen Inschriften: DI (Band 47 = Heidelberger Reihe, 13. Band): Die Inschriften des Landkreises Böblingen — Wiesbaden: Dr. Ludwig Reichert Verlag, 1999

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https://doi.org/10.11588/diglit.57659#0035
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5.1 Inschriftendes Profanbereichs
Eine Untersuchung der Inschriften auf ihre Zweckbestimmung hin ergibt, daß nur 50 Stücke
(11,9%) dem profanen Bereich entstammen gegenüber der überwiegenden Masse von ca. 370 In-
schriften sakraler Zuordnung112. Der mittelalterliche Anteil ist mit sechs Stücken (nrr. 81, 85, 86, 90,
169, 170) extrem niedrig. Die Profaninschriften sind überwiegend dem Architekturbereich zuzu-
weisen als Wappentafeln, Bauinschriften und Bauzahlen an herrschaftlichen Gebäuden, privaten
Häusern und kommunalen Bauten, wobei den letzteren fünf Marktbrunnen mit Herrschaftszeichen
zuzurechnen sind. Hervorzuheben ist die wortreiche Rathausinschrift von Magstadt (nr. 317), die
als Dokument des Bürgerstolzes im Umfang nur von der hier zum Vergleich aufgenommenen In-
schrift des Rathauses in Weil der Stadt von 1665 (Anhlöc) übertroffen wird. Von den zur Innenein-
richtung von profanen Gebäuden zählenden Kabinettscheiben (nrr. 194, 198, 205, 274), Wandmale-
reiresten (nrr. 313, 363) sowie Gebrauchsgegenständen (nrr. 81, 90, 395, 415, 416) sind nur noch
wenige Exemplare nachweisbar, darunter das schon erwähnte Sindelfmger Backmodel (nr. 81).
5.2 Die Sakralbauten und ihre Ausstattung
Die Inschriften des Sakralbereichs bestehen zu zwei Dritteln aus Inschriften des Totengedenkens. Ehe
wir uns diesen Denkmälern zuwenden, die mit ca. 230 Inschriften das Kernstück dieses Bandes aus-
machen, empfiehlt es sich, eine Analyse des verbleibenden Drittels voranzustellen. Denn dieses Drit-
tel umfaßt die Sakralbauten des Bearbeitungsgebietes und ihre Ausstattungsstücke im engeren Sinne.
Kunsthistorisch gesehen ist das Bearbeitungsgebiet em Teil von Neckarschwaben, das in spätgoti-
scher Zeit als eine relativ einheitliche Kunstlandschaft im Spannungsfeld zwischen den großen
Kunstzentren Ulm und dem nördlichen Oberrhem lag113. Als die nächstgelegenen Einflußbereiche sind
einmal die württembergischen Residenzen Stuttgart und Tübingen anzusehen. Zum andern darf die
Einwirkung der künstlerisch regen Reichsstädte Heilbronn, Esslingen und Reutlingen, Zentren mit
wichtigen Bauhütten der Spätgotik, nicht zu gering eingeschätzt werden. Bis zum Ende des Mittelalters
lag die Region im Bannkreis des Klosters Hirsau, ohne daß in der romanischen Architektur des Kreisge-
bietes, die uns in Sindelfingen und Hildrizhausen entgegentritt, Spuren davon auszumachen wären.
Das Tympanon der Hildrizhausener Kirche (nr. 1) überrascht durch die rohe und unbeholfene Aus-
führung, die nicht in Einklang steht mit Form und Inhalt der lateinischen Vers-Inschrift. Als bedeuten-
der Kirchenbau der Hochgotik ist die wohl noch im 13. Jahrhundert begonnene Stadtkirche von Leon-
berg114 zu nennen; ihre schlichten Bauformen folgen den Prinzipien der Bettelordensarchitektur, die
die Architektur vieler Pfarrkirchen der Hochgotik in Württemberg geprägt hat. Auch der von Pfalzgraf
Rudolf I. von Tübingen (1251 — 1277) begonnene Hochchor der Herrenberger Marienkirche gehört
noch ins 13.Jahrhundert. Die 1295 begonnene Augustiner-Klosterkirche von Weil der Stadt war der
einzige erwähnenswerte Bettelordensbau des Bearbeitungsgebietes und bestand aus einem gewölbten
Chor mit hohem Dachreiter und einem vermutlich flachgedeckten einschiffigen Langhaus.
Mit der Regierung des Grafen und späteren Herzogs Eberhard im Bart (geb. 1445, gest. 1496) setzte
eine Blütezeit der spätgotischen Kunstproduktion em, die in den meisten Amtsstädten des Landes
Kirchenneubauten aufwachsen ließ. Zu den wichtigsten Bauherren dieser Zeit zählten außerdem
die von Eberhard ms Land gerufenen und von ihm begünstigten Brüder vom Gemeinsamen Leben
mit ihren Bauunternehmen in Herrenberg und Gärtringen. Zugleich wurden auch in benachbarten
Orten — wie Altdorf (1495), Dagersheim (1491) und Magstadt (1511) — spätgotische Dorfkirchen mit
kunstvoll gewölbten Chören errichtet. Als Besonderheit entstand 1494 das spätgotische Klausur-
gebäude des Augustinerklosters in Weil der Stadt; die Fenstergewände des Kreuzgangs (nr. 154) sind
in der Folgezeit bis etwa 1515 mit einer Fülle von Gedenkinschriften zum Ruhme des Augustmer-

112 Die absoluten Zahlen für die Inschriften am Bau schwanken, denn hier wurden mehrere Sammelnummern verge-
ben.
113 Vgl. den Versuch einer kunsttopographischen Abgrenzung bei Schahl, Neckarschwaben 10. Eine zusammenfassende
Betrachtung ohne wissenschaftlichen Apparat bot Koepf, H., Schwäbische Kunstgeschichte, Bd. 1-4. Sigmaringen
1961 — 1965; zur Skulptur vgl. Baum, J., Niederschwäbische Plastik des ausgehenden Mittelalters. Tübingen 1925;
Böhling, L., Die spätgotische Plastik im württembergischen Neckargebiet (Tübinger Forschungen zur Kunstge-
schichte 10). Tübingen 1932. Zur Kunst des 16. und 17.Jahrhunderts vgl. Fleischhauer, Renaissance 1971; ferner:
Die Renaissance im deutschen Südwesten zwischen Reformation und Dreißigjährigem Krieg. Kat. d. Ausst. im Hei-
delberger Schloß 1986. Bd. 1, 2. Karlsruhe 1986.
114 Vgl. die Überlegungen von Walz (wie Anm. 32) 161-180.

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